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In Pioniere und Nachzügler lassen sich die Bundesländer beim Thema Verwaltungsreform einteilen. Während die einen vorpreschten, warteten die anderen auf die Bundespolitik. Die hat sich allerdings lange nicht bewegt, weshalb einige Ländern das Gesetz des Handelns schließlich selbst in die Hand nahmen. Abseits der Bemühungen um eine Verwaltungsreform auf Bundesebene suchten die Länder in der Vergangenheit nach eigenen Wegen zu einer leistungsfähigen und gleichzeitig effizienten Landesverwaltung. Die dabei erzielten Erfolge sind teilweise durchaus beachtlich.
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Der Text dieses Lieds ist altbekannt: Österreich ist überbürokratisiert, die Verwaltungen von Bund wie Ländern bedürfen einer Deregulierung, die am Sinnvollen festhält und sich vom Überflüssigen trennt. Diese Erkenntnis eint Politiker auf allen Ebenen schon seit langer Zeit - die Bürger in Form von Steuerzahlern und Verwaltungskunden allerdings noch sehr viel länger.
Unabhängig und weitgehend unbemerkt von der lautstarken Diskussion auf Bundesebene haben sich die Bundesländer daran gemacht, ihren Verwaltungsapparat umzubauen. Offensichtlich gehören Verwaltungsreformen zu jener seltenen Spezies von politischen Schattengewächsen, denen allzu grelles Scheinwerferlicht und öffentliche Aufmerksamkeit nicht behagen.
Gleiche Probleme in Bund und Ländern
Die Probleme auf Bundes- und Landesebene sind die selben: Knappe Mittel treffen auf zuviel Personal, zu lange Verfahrensdauern und mangelnde Kundenorientierung. Auch die Rezepte gleichen einander: Dienstrechts- und Besoldungsreformen; Personalabbau im Bereich der allgemeinen Verwaltung, Aufgabenreform und der Einsatz neuer Kommunikationstechnologien. Das Ziel: Einsparungen, Kundenorientierung, Bürgernähe und Verfahrensvereinfachung.
Pioniere und Nachzügler
Dabei lassen sich die Länder in zwei Gruppen teilen: Pioniere und Nachzügler. Den Pionieren wurde Anfang der 90er Jahre das Warten auf den Bund zu lang und sie ergriffen selbst die Initiative - mit durchaus beachtlichen Erfolgen.
Direkte Vergleiche zwischen den Ländern sind allerdings nicht einfach. Schließlich sind Äpfel keine Birnen, und Kärnten nicht das Burgenland. Zu unterschiedlich sind die jeweiligen Problemstellungen. Einfach gestrickte Vergleiche sind kaum möglich, sicher aber unseriös.
Steiermark: Pragmatisierung überflüssig machen
Die Steiermark zählt sicherlich zu den Vorreitern in Sachen Verwaltungsreform. In Graz war das vorrangige Ziel, im Bereich der allgemeinen Verwaltung (ohne Lehrer und Spitalsbedienstete) den Personalstand zurückzufahren. Bei rund 10.500 Bediensteten kommt die "Grüne Mark" in diesem Bereich auf einen Beamtenanteil von rund 40 Prozent. In einer Vereinbarung mit der Personalvertretung wurde beschlossen, die jetzt anstehenden grossen Brocken der Pensions- und Besoldungsreform ohne zusätzliche Budgetmittel umzusetzen. Dadurch soll sich das Problem der Pragmatisierung von selbst lösen, indem die ursprünglichen Anreize wegfallen. In der Steiermark hat sich wie auch in anderen Ländern die Anzahl der Dienstposten von jener der tatsächlich Bediensteten abgekoppelt: 10.500 Bediensteten stehen hier rund 7.800 Dienstposten im Stellenplan gegenüber - 1996 waren es noch 8.070.
Salzburg, Oberösterreich: Hausaufgaben gemacht
Selbstbewusst in Sachen Verwaltungsreform ist Salzburg. "Wir haben im Bereich der Verwaltungsreform unsere Hausaufgaben gemacht", meint Landeshauptmann Franz Schausberger und betont den Stellenwert einer Reform der Landesverwaltung für die Zukunftsfähigkeit eines Bundeslandes.
Bereits 1990 nahm Salzburg eine Aufgabenreform in Angriff; derzeit läuft eine zweite, deren Schwerpunkt auf der engen Einbindung der Dienststellen liegt. Jede Dienststelle erarbeitet dabei für sich einen Aufgabenkatalog und listet auf, welche Aufgaben ausgelagert oder abgegeben werden könnten. Im August 2000 wurde im Grundsatz beschlossen, die insgesamt 7.000 Aufgaben des Landes innerhalb von 12 Monaten um 12 Prozent zu reduzieren, was einer Personalreduktion von rund 250 Personen entspricht. Die für einen solchen Einschnitt notwendigen strukturellen Maßnahmen erfolgten schon 1998/1999 im Rahmen einer Strukturreform der Bezirkshauptmannschaften, deren Ämter von 16 auf 7 verringert wurden. Ähnliches ist derzeit beim Amt der Landesregierung im Gange.
In Oberösterreich wurde Anfang der 90er Jahre ein Einsparungspotential von insgesamt 782 Dienstposten errechnet, wovon fast die Hälfte auf Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung entfielen. Bereits 1995 hatte das Land seinen Einsparungsauftrag erfüllt.
Der Druck zum Personalabbau im Bereich der allgemeinen Verwaltung war in Oberösterreich um so größer, als das Land im Gesundheitswesen erheblichen Aufholbedarf aufwies. Im Laufe der 90er Jahre wurden hier rund 1.000 Dienstposten eingespart. Der Personalstand des Landes verringerte sich insgesamt von 17.000 auf 16.000 Bedienstete inklusive Spitalsbedienstete.
Vorarlberg muss wieder aufstocken
Scheinbar am Ende des Weges ist das Land Vorarlberg angelangt. Durch zahlreiche Reformmaßnahmen in den letzten Jahren hat das "Ländle" seinen Personalstock exakt auf seine Bedürfnisse hin zugeschnitten. Nun findet man sich in einer besonderen Situation wieder: "Unsere Landesverwaltung ist bereits am Limit angelangt, die Verwaltungsreform des Bundes zwingt uns jetzt zu Personalaufstockungen", so der Leiter des Personalwesens in der Vorarlberger Landesregierung, Helgar Wurzer.
Eigen der Weg Vorarlbergs auch in der Frage der Pragmatisierungen. Seit 1.1.2001 ist die gesetzliche Grundlage für diese weggefallen. Von den derzeit rund 1.800 Landesbediensteten sind ca. 500 pragmatisiert, was einer Quote von 27 Prozent entspricht.
Für Tirol hat neues Dienstrecht Vorrang
Nicht ganz so weit ist man im Vergleich dazu in Tirol. Hier steht laut dem Büro von Landeshauptmann Wendelin Weingartner die Ausarbeitung eines neuen Dienst- und Besoldungsrechts an erster Stelle. Eine leistungsorientiertere Bezahlung sowie eine flachere Einkommenskurve soll damit für die jetzt 3.603 Bediensteten bei einer Beamtenquote von 33 Prozent der Tiroler Landesverwaltung (ohne Lehrer und Spitalsbedienstete) erreicht werden. 1995 betrug deren Anzahl noch 4.069 bei einer Beamtenquote von 29 Prozent.
Kleine Schritte im Burgenland und Kärnten
Wie schwierig direkte Vergleiche sind, demonstriert das Burgenland anschaulich. Von den insgesamt 6.167 Landesbedienstete im Jahr 2002 fallen 2.378 auf die Landeslehrer und 1.748 auf das Spitalswesen. Die eigentliche Landesverwaltung umfasst somit 2.041 Bedienstete, wobei 576 Beamte rund 1.465 Vertragsangestellten gegenüberstehen. 1995 betrug die Gesamtzahl der Landesangestellten noch 6.529, wovon 1.700 auf die Landeslehrer, 2.637 auf das Spitalswesen und 2.192 auf die Landesverwaltung im engeren Sinn entfielen.
Eine Kommission, die sich mit den Fragen einer grundsätzlichen Aufgaben- und Strukturreform befasst, wurde im Burgenland Ende 2001 installiert. Die Umsetzung von deren Ergebnissen soll kontinuierlich erfolgen.
Ähnlich die Situation auch in Kärnten, wo in der Vergangenheit lediglich punktuelle Reduktionen möglich waren, da für substanzielle Einschnitte eine grundlegende Aufgaben- und Strukturreform notwendig wäre. Im Laufen ist hier derzeit eine Aufgabenreform auf Landesebene, in deren Rahmen bereits erste Maßnahmen gesetzt wurden.
Niederösterreich sucht Effizienzreserven
In einem permanenten Prozess wird in Niederösterreichs gesamter Landesverwaltung nach Effizienzreserven gesucht und die Frage aufgeworfen, ob alles, was gemacht wird, heute noch sinnvoll ist.
Der Personalstand des Landes Niederösterreich beträgt mit Jahresanfang 2002 6.932 Beamte und 12.525 Vertragsbedienstete. 1999 umfasste dieser noch 6.977 Beamte und 12.350 Vertragsbedienstete. Die Pragmatisierungsquote blieb dabei mit rund 36 Prozent nahezu unverändert.
Wien setzt auf Arbeitsplätze und "E-Government"
"Natürlich bemüht sich Wien, seine Aufgaben so effizient wie möglich zu erfüllen", so Rudolf Gerlich von der Wiener Magistratsdirektion. Wien sehe sein Ziel allerdings "nicht in der Arbeitsplatzvernichtung, sondern in der Aufgabenerfüllung". Eine kritische Diskussion über die Aufgaben der Stadt und des Landes sei aber auch in Wien in vollem Gange.
Besonders stolz ist man in Wien auf das bisher Erreichte in Sachen "E-Government". Hier gehöre Wien europaweit zu den führenden Städten.
Die Anzahl der Dienstposten verringerte sich von 61.772 im Jahr 1996 auf 59.445 im Jahr 2001; der Anteil der Personalausgaben am Budget stieg im selben Zeitraum von 26,86 Mrd. Schilling (1,95 Mrd. Euro) oder 19,9 Prozent auf 28,71 Mrd. Schilling (2,09 Mrd. Euro) oder 20,7 Prozent.
Richtige Reformen tun weh
Bei der Neuausrichtung und Redimensionierung der Verwaltungsapparate sind schmerzhafte Einschnitte unvermeidlich. Nicht zuletzt deshalb, weil eine grundlegende Aufgaben- und Strukturreform der Verwaltung zu einer Standortfrage geworden ist. Trösten mag dabei ein Blick in die Vergangenheit: So schlimm wie beim Genfer Sanierungsplan für Österreichs Staatshaushalt 1922 wird es diesmal nicht werden. Damals wurden die bestehenden Steuern kräftig erhöht, neue wie die Warenumsatzsteuer eingeführt, und ein radikaler Beamtenabbau durchgeführt: 80.000 mussten damals entlassen werden.