Zum Hauptinhalt springen

Pizza-Pappteller schlägt Proust

Von Christoph Irrgeher

Kommentare
"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Auf den ersten Blick ist es bitter: Da buhlten 16 Briefe von Marcel Proust um einen Bestbieter - und keiner im Pariser Saal hob die Hand. 300.000 Euro hatte sich das Auktionshaus Christie’s erhofft. Tja, es ist eine runde Null geworden. Dabei birgt diese Wurschtigkeit eine gewisse Ironie. In den Briefen hatte Proust - damals noch kein Literaturgott, sondern bloß Teil der Pariser Oberschicht - versucht, die Kritiker von seinem Genie zu überzeugen. Dafür flossen nicht nur Worte: Der Autor hat sich in den Zeitungen Lobeshymnen erkauft. Wer an Karma glaubt, mag im Auktionsflop von Paris somit einen Akt ausgleichender Gerechtigkeit orten.

Man könnte den Misserfolg aber auch damit begründen, dass es Proust schlicht an Pop-Appeal fehlt. Und an Kult-Reliquien, wie etwa einem funkelnden Bademantel. Ein solcher, einst um Marilyn Monroes Kurven gehüllt, verließ heuer für umgerechnet 26.000 Euro eine Auktion. Ein Helm brachte es wenig später auf 800.000 Euro: Er umschirmte 1980 das Haupt von David Prowse, Darsteller des Darth Vader in "Das Imperium schlägt zurück". Selbst ein Pizza-Pappteller - gebraucht! - erwirtschaftete im Mai 20.000 Euro. Rockstar Kurt Cobain hatte sich darauf nicht nur gütlich getan, sondern auch eine Setliste notiert. Kein Wunder freilich, dass heuer ein Requisit aus der "James Bond"-Reihe für 5,7 Millionen Euro den Besitzer wechselte. Der besagte Aston Martin DB5 ist nicht nur todschick. So man seinen Filmeinsätzen glauben darf, besitzt er auch einen Schleudersitz für missliebige Beifahrer.