)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Thomas Bach, Präsident des internationalen Komitees, stellte sich schon vor der Wahl auf Diskussionen ein. "Natürlich wird es die geben", sagte er im Vorfeld der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2022 am Freitag. "Aber wir sind uns unserer Verantwortung sehr bewusst." Wie das genau aussieht, davon konnte man sich zuletzt ein gutes Bild machen: Die beiden potenziellen Ausrichter, das kasachische Almaty und Peking, wurden über den grünen Klee gelobt, es gab viele Huldigungen über (vermeintliche) Bemühungen, in Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu investieren - und kein Wort über Menschenrechtsverletzungen da wie dort. Dabei hatte man sich auch diesen Punkt doch zuletzt auf die Fahnen - oder besser: in die Agenda 2020 geschrieben. Doch bei näherer Durchsicht dieses Dokuments, das ebenso gern wie fälschlicherweise Reformpapier genannt wird, verwundert das nicht. Denn auch dieses wimmelt zwar von Empfehlungen, die sind aber derart vage formuliert, dass sie das Papier nicht wert sind: von konkreten Maßnahmen oder Konsequenzen bei Nicht-Einhaltung gewisser Punkte keine Spur. Dabei kann man nicht sagen, dass sich im IOC in den vergangenen Jahren nichts bewegt hätte: Die Vergütungen für Funktionäre wurden offen gelegt, nach der Wahl am Freitag wird auch der Vertrag mit dem neuen Ausrichter publik gemacht. Es sind kleine Schritte, die zur Glaubwürdigkeit beitragen sollen, ein großer Sprung ist es nicht. Dass von den ursprünglich zahlreichen Interessenten für die Wahl 2020 genau jene zwei Bewerber mit den totalitärsten Regimen übrig geblieben sind, dass sich jüngst auch Boston aus dem Bieterverfahren für 2024 zurückgezogen hat, sind Symptome eines tiefer liegenden Problems. Placebos wie die Agenda 2020 werden im Kampf dagegen nicht ausreichen.