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Einige Betrachtungen zur augenblicklichen Schulsituation aus der Sicht eines Schulleiters, der von der heranstehenden Bildungskatastrophe selbst nicht mehr betroffen sein wird, aber für seine Enkelkinder leidet.
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1) Eine offizielle Arbeitszeitstudie hat im Jahr 2000 nachgewiesen, dass die wöchentliche Arbeitszeit eines Lehrers, über das ganze Jahr gerechnet (mit Berücksichtigung der Ferien), knapp über 40 Stunden liegt - also im Normalbereich der Restbevölkerung. Der Vorteil des Lehrberufs liegt in der flexibleren Einteilbarkeit.
2) GUTE Lehrer liegen mit ihrer Arbeit an der Grenze der normalen Kapazität und bewegen sich oft in der Nähe des Burnout-Syndroms.
3) Für eine gehaltene Stunde braucht ein "ordentlicher" Lehrer im Schnitt mindestens eine weitere Stunde an Vor- und Nachbereitungszeit. Daher entspricht auch eine Lehrer- "Werteinheit" seit eh und je zwei sogenannten Beamtenstunden. Die Lehrverpflichtung beträgt 20 Wochenstunden (etwas weniger als der europäische Schnitt, aber mehr als etwa im hochgejubelten Finnland), das entspricht also einer 40-Stunden-Woche.
4) Die sogenannte "Unterrichts"-Ministerin will nun einem Teil der Bevölkerung ein "Zurück in die Nachkriegszeit" mit einer 44-Stunden-Woche verordnen. Abgesehen von der zum Himmel schreienden Ungleichbehandlung geht damit zwingend eine nachhaltige Verschlechterung der Unterrichtsqualität einher. Was fehlt, ist das ehrliche Eingeständnis, dass man die angebliche "Reform" offenbar auf jenen unbrauchbaren Lehrern aufbauen will, die ihren Unterricht quasi als "Beamtenstunde" abdienen.
5) Ein "ordentlicher" Lehrer, der "ohne Mehrarbeit, bloß durch Verschiebung seiner Tätigkeit zu den Schülern hin" zwei Stunden mehr "unterrichten" soll, muss dies von seiner Vor- und Nachbereitungszeit abzweigen. Im Klartext heißt das, dass jeder Lehrer zwar um zwei Stunden länger in der Klasse steht als bisher, von diesen seinen nunmehr 22 Stunden aber vier Stunden nur Aufsicht führt.
6) Der ahnungslosen Bevölkerung, die diese Zusammenhänge natürlich nicht durchschauen kann, wird also als "Verbesserung", verkauft, was in Wahrheit den größten Anschlag auf die Qualität unserer Schule seit der (seinerzeit als "Schülerentlastung" getarnten) Stundenreduktion von Ministerin Gehrer darstellt - und das alles nur, um das unfinanzierbare ideologische Liebkind der Ministerin, die von niemandem gewollte "Neue Mittelschule", auf dem Rücken der Lehrer durchzudrücken.
Die Ministerin sagt, dass es Stillstand "mit ihr nicht geben kann"; sie will "Bewegung". Da es ihr aber auf die Richtung der Bewegung offenbar nicht ankommt und sie auch rückwärts gerichtete Bewegung in dieses (an sich lobenswerte) Prinzip einschließt, möge sie doch diese Rückwärtsbewegung gleich einmal an der eigenen Person vorexerzieren und ihr Versprechen vom Rücktritt endlich wahr machen.