Wie Österreich für Leistungsträger attraktiver wird: Vorschläge eines international tätigen Wirtschaftsanwalts.
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Wien. In der österreichischen Einwanderungs- und Integrationspolitik ist in den vergangenen Jahren eine Kurskorrektur zu erkennen. Die Erkenntnis, dass es dabei auch um den Wettbewerb um internationale Spitzenkräfte geht, setzt sich langsam durch. Trotzdem bleibt noch viel zu tun.
Das augenscheinlichste Beispiel hierfür sind die zahlreichen ausländischen Studierenden (25 bis 30 Prozent) an den österreichischen Universitäten, die zu einem großen Anteil nach Abschluss des Studiums das Land wieder verlassen. Es braucht Bemühungen, diese künftigen internationalen Spitzenkräfte an unser Land zu binden.
In der öffentlichen Diskussion zum Thema Zuwanderung werden noch immer Ängste geschürt statt Chancen erkannt. Das beeinträchtigt die politische Auseinandersetzung, auch die notwendige - und an sich mögliche - Qualität der Weiterentwicklung der einschlägigen Rechtsgebiete.
Attraktiver Standort, aber zu viel Bürokratie
Einer der globalen gesellschaftlichen Trends der vergangenen Jahrzehnte ist eine massiv gesteigerte Mobilität, insbesondere von innovativen Menschen, die prädestiniert sind, Unternehmen zu gründen und Arbeitsplätze zu schaffen. Gerade sie sind aufgrund ihrer Mobilitätsbereitschaft in der Lage, den Ort ihrer Niederlassung hoch selektiv zu wählen.
Österreich ist grundsätzlich ein sehr attraktiver Standort mit hoher Lebensqualität und hochentwickelter Rechtssicherheit. Insofern ist es absurd, gerade in den sensiblen Bereichen Aufenthaltsrecht und Staatsbürgerschaftsrecht keine optimalen Lösungen durchzusetzen.
Ein konkretes Beispiel: Ein indischer Arzt, der in Österreich drei der wichtigsten vier Medizin-Forschungspreise innerhalb von drei Jahren gewonnen hat, spricht perfekt Deutsch und würde gerne in Österreich seine Forschungstätigkeit am AKH fortsetzen. Aufgrund massiver Probleme - hauptsächlich aufgrund eines bürokratisch sehr aufwendigen Spießrutenlaufs mit den Einbürgerungsbehörden - bezüglich seines Aufenhaltstitels/seiner Staatsbürgerschaft zieht er frustriert nach Deutschland, welches den Forscher mit Handkuss aufnimmt. Ein verlorener Top-Leistungsträger für unseren Wissenschaftsstandort - bedauerlicherweise kein Einzelfall.
Das an sich begrüßenswerte Punktesystem für die Rot-Weiß-Rot-Karte muss dringend nachgebessert und von starren Regeln befreit werden. So kann etwa ein Techniker, der in Harvard studiert hat, aber in der Vergangenheit als Manager bei Google arbeitete, nicht die erforderliche Punkteanzahl erreichen, da die frühere Tätigkeit vermeintlich nicht mit seiner Ausbildung korrespondiert. Eine Person, die in ihrem Heimatland Wirtschaft und Technik studiert hat, in Österreich aber als Berater tätig werden will, könnte ebenso abgewiesen werden.
Rot-Weiß-Rot-Karte nachbessern
Es müssten daher im Gesetz dringend klare Kriterien zur Definition außerordentlicher Leistungen geschaffen werden, die den Aufenthalt und gegebenenfalls eine Einbürgerung dieser Personen eindeutig regelt und erleichtert. Top-Know-how-Träger mit Spitzenausbildungen sollten grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich bei uns niederzulassen.
Auch müssen wir der Weltsprache Englisch mehr Bedeutung geben, das Beharren auf allzu detaillierte Deutschkenntnisse sollte dringend hinterfragt werden. Vielmehr muss eine Gleichstellung von ausgezeichneten Englischkenntnissen angedacht werden. Sprich: Ein top-qualifizierter englischsprachiger Wissenschafter sollte nicht mit bürokratischen Deutsch-Tests vergrault werden, sondern bloß animiert werden, Deutsch zu lernen.
Da die Diskussion um die Problematik des Mangels an qualifizierten Mitarbeitern jetzt schon so lange läuft, ohne dass ausreichend darauf reagiert wird, steigt das Risiko, dass dieser Umstand als Normalität angesehen wird und folglich das Problembewusstsein noch weiter abnimmt. Man sieht das besonders deutlich am ständig beklagten Fachkräftemangel. Der Begriff ist mittlerweile zur Standardfloskel in einschlägigen Politikerreden verkommen.
Dass der internationale Wettbewerb um Leistungsträger aber tatsächlich in dieser Härte besteht, zeigt neben den massiven Werbe-Aktivitäten der traditionellen Einwanderungsländer auch ein Blick auf die hohen Ausgaben, die Unternehmen sich leisten, um qualifizierte Mitarbeiter zu finden.
Schon seit einigen Jahren ist es für größere Unternehmen zur Selbstverständlichkeit geworden, viel Geld in die Hand zu nehmen, um als Arbeitgeber ein möglichst attraktives Image aufzubauen.
Vom Tourismus lernen
Wenn man etwa bedenkt, wie hoch die Investitionsbereitschaft ist, um Österreich als Tourismusland gut zu positionieren, ist unsere mangelnde Investitionsbereitschaft ins Arbeitgeberland Österreich umso unverständlicher. Eine analoge Einrichtung zur Österreich Werbung, die sich um ausländische Touristen bemüht, könnte auch zur Akquise hochqualifizierter ausländischer Leistungsträger geschaffen werden.
Dies wäre langfristig eine gute Investition in die Volkswirtschaft. Außerdem könnte man so recht elegant, nach innen und nach außen, zeigen, was wir von Zuwanderern erwarten, aber auch zu bieten haben.
Zum Autor:
Robin Lumsden
studierte Jus in Wien und Berkeley/USA. Er ist als Wirtschaftsanwalt in Wien und New York tätig und Generalkonsul von Jamaika in Österreich.