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Plagiatsjagd eine "Mission impossible"

Von Alexandra Grass

Politik

Der Plagiatsjäger Stefan Weber legte seine Arbeit nieder. | Er ortet eine zunehmende Absurdität des Systems. | Wien. Als "Mission impossible" oder "Kampf gegen Windmühlen" sieht der mittlerweile ehemalige österreichische Plagiatsjäger und Salzburger Medienwissenschafter Stefan Weber seine Arbeit der vergangenen Jahre. In Österreich bestehe kein Interesse an der Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens, betont er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", daher habe er "seinen Kampf beendet".


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Bereits im Juni 2002 hatte er die ersten Plagiatsfälle zugespielt bekommen und zuerst "im stillen Kämmerchen" daran gearbeitet. An die Öffentlichkeit gegangen war Weber erst, nachdem er selbst Opfer geworden war. In Folge war einem deutschen Beamten Mitte 2005 der Doktortitel aberkannt worden, weil er in seiner Arbeit rund 110 Seiten aus Webers Dissertation abgeschrieben hatte.

In Österreich hingegen zählt das Abschreiben von Diplom- und Doktorarbeiten immer noch zu den Kavaliersdelikten und "wird stillschweigend geduldet".

Doch Weber ortet eine zunehmende Absurdität des gesamten akademischen Systems, wobei das Internet zwar ein Faktor, aber nicht die Hauptursache sei. Vielmehr wirft er den Betreuern, "die immer wieder die selben Themen geben", Unkreativität vor. Auch bestehe an den heimischen Unis der Unwille seitens vieler Betreuer, Texte überhaupt zu lesen, erklärt Weber.

Als Grundproblem sieht er "die zunehmende Unfähigkeit der aktuellen Studentengeneration, überhaupt noch zu zitieren und die Funktion des Zitats im Gegensatz zum eigenen Text zu erkennen" und wollte mit seinen Recherchen "auf das Problem der absurden Textkultur hinweisen".

Insgesamt hat Weber 38 Plagiatsfälle in Diplomarbeiten aufgedeckt. Auf die Frage, wie oft unerlaubt abgeschrieben wird, kann er nur seine persönliche Statistik anführen: Die Quote liege bei zehn Prozent plagiierten Stellen, die über eine Seite hinausgehen.

Doch waren seiner Ansicht nach immerhin elf von 13 Arbeiten etwa durch sinnentstellte Zitate textlich unsauber und damit wertlos geworden.

Mit seinem Gang an die Öffentlichkeit hat Weber erwartet, dass irgendjemand reagiert. Als einzige Einrichtung habe die Universität Wien aufgrund seiner Plagiatsanzeigen verdächtige Arbeiten sofort weggesperrt. Auch halten sich die Uni Wien und die Uni Salzburg an selbst ausgearbeitete "Richtlinien zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis", wie Weber erfreut betont.

Ombudsstelle gefordert

Sein Vorschlag, in Österreich eine Stelle zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens einzurichten, sei nie aufgegriffen worden. In Deutschland hingegen existiert seit dem Jahr 1999 eine entsprechende Ombudsstelle der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Nach seinem Karriereende als Plagiatsjäger will sich Weber laufenden Forschungsprojekten im Kuratorium für Journalistenausbildung widmen, wie er betont. Auch habe er schon Ideen für neue Bücher.

Die Bezeichnung "Plagiatsjäger" ist übrigens selbst ein Plagiat und "nicht meine Erfindung", wie der Medienwissenschafter schließlich lachend hinzufügt. Der Name war schon viel früher an sein deutsches Pendant Debora Weber-Wulff von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin vergeben worden.