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Pläne für Banken wackeln

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Europäische Politiker bereiten sich auf Sitzungsmarathon vor.


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Brüssel. Eine Sondersitzung scheint keine zu sein. Deswegen gibt es in der kommenden Woche gleich zwei. Darauf verständigten sich die Finanzminister der EU bei ihrem Treffen in Brüssel. Nachdem bereits die Eurogruppe beschlossen hatte, bei einer außerordentlichen Zusammenkunft über Finanzhilfen für Griechenland zu beraten, soll nun auch die geplante gemeinsame Bankenaufsicht Thema einer Sondersitzung werden. Für diese wollte Vassos Shiarly, Finanzminister des derzeitigen EU-Vorsitzlandes Zypern, einen klangvollen Termin festlegen: Am zwölften Tag des zwölften Monats des Jahres 2012 mögen seine Amtskollegen wieder einander begegnen.

Dabei wollten nur einen Tag später die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen über weitere Schritte zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion sprechen, für die eine europäische Aufsicht über die Geldinstitute einen wesentlichen Baustein bildet. Zwar wurden schon zuvor die ambitionierteren Zeitpläne der EU-Kommission in die Länge gestreckt, doch immerhin hatten die EU-Politiker vor, bis Jahresende einen rechtlichen Rahmen für das neue Kontrollorgan zu fixieren.

Doch auch das scheint nun immer schwieriger - obwohl der zypriotische Ressortchef sich beim Treffen der Finanzminister in Optimismus übte und eine Einigung näher gerückt sah. Die Differenzen zwischen den Ländern waren allerdings weiterhin groß.

Zwist um Mitspracherechte bei der Kontrolle

Für kurze Zeit war sogar die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterfragt, die die Aufsicht künftig ausüben soll. Eine Hegemonie der Bank solle es dabei nicht geben, stellte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter fest. EZB-Vizepräsident Vitor Constanzio konterte mit dem Verweis auf einen Beschluss, wonach "niemand anderem" die Aufsichtsbefugnisse übertragen werden dürfen.

Dass der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble seiner Amtskollegin beipflichtete, zeigte auf der anderen Seite weitere Meinungsunterschiede auf. Während es nämlich Berlin nicht gefällt, dass die EZB in so gut wie allen Kontrollfragen das letzte Wort haben soll, pocht Paris gerade darauf. Frankreich strebe eine Bankenaufsicht an, die alle Unternehmen der Eurozone umfasst, betonte Finanzminister Pierre Moscovici. Das würde an die 6000 Geldinstitute betreffen. Deutschland jedoch würde gerne Sparkassen und Volksbanken unter nationaler Kontrolle lassen. Spanien wiederum will vor allem das Tempo beschleunigen. Dies würde Zweifel über die Zukunft der Währungsunion zerstreuen, meinte Finanzminister Luis De Guindos. Für sein Land - wie für alle anderen Staaten mit maroden Unternehmen - würde die Etablierung einer Bankenaufsicht zusätzlichen Nutzen bringen: die Möglichkeit, Kapitalhilfen für Geldhäuser direkt aus dem Euro-Schutzschirm ESM zu erhalten.

Doch die Arbeitsaufteilung zwischen EZB und nationalen Behörden ist nicht der einzige Streitpunkt. Unklar ist ebenfalls, wie eine weitere Trennlinie, innerhalb der EZB selbst, gezogen werden soll: nämlich jene zwischen der Geldpolitik und der Aufsicht.

Hinzu kommt das Ringen um Stimmrechte, eines der größten noch ungelösten Probleme. Denn auf Mitsprache pochen ebenfalls jene Länder, die nicht Mitglieder der Währungsgemeinschaft sind. Aber auch so mancher Eurostaat hat Interesse daran - Österreich etwa, mit seinem Banken-Engagement in Osteuropa. Andere Länder bloß "als Gäste zu betrachten", wäre für Wien keineswegs ausreichend, erklärte Fekter. Es gelte eine Fragmentierung der Union zu verhindern.

Für manche Experten haben die Reformbemühungen aber auch ihre Grenzen. So warnte Österreichs Notenbankgouverneur und EZB-Rat Ewald Nowotny vor weit reichenden Änderungen, die eine Neufassung der EU-Verträge nötig machen. Dies sei nämlich "mit extremer Unsicherheit" verknüpft. "Und ich würde nicht gern das Schicksal des Euro mit so einer Unsicherheit verbinden", sagte Nowotny bei einem Vortrag in Wien. Vielmehr sollten die Politiker derzeit pragmatisch sein und konkrete Probleme lösen.

Möglichkeiten, es bei gemeinsamen Treffen zumindest zu versuchen, werden sie kommende Woche jedenfalls einige haben.

Gerüchte um Faymann als Nachfolger Junckers

Unterdessen geht das Rätselraten um die Nachfolge Jean-Claude Junckers weiter. Der Vorsitzende der Eurogruppe will diese Funktion nur noch bis Jahresende ausüben. Als Kandidaten für das Amt wurden bereits Schäuble und Moscovici ins Gespräch gebracht. Doch laut der Tageszeitung "Kurier" hätte auch der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann Chancen auf den Posten. Dieser sei ein "ernsthafter Kandidat", soll es in Berlin und Paris heißen.