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Noch klammert sich Simbabwes Präsident an die Macht. Doch es werden schon Pläne für danach geschmiedet.
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Harare. Auf den ersten Blick wirkt das Foto nicht unbedingt wie ein Aufreger. Denn zu sehen sind darauf zwei Männer, die sich in privater Umgebung mit fröhlichem Gesichtsausdruck zuprosten. Doch aus der Sicht der Anhänger von Präsident Robert Mugabe grenzt das Bild, das vor einigen Monaten in den Zeitungen Simbabwes abgedruckt wurde, fast schon an Hochverrat. Denn während sein Gegenüber ein Weißweinglas in der Hand hält, stößt Vizepräsident Emmerson Mnangagwa mit einer überdimensionalen Kaffeetasse an, auf der in dicken Lettern geschrieben steht: "Ich bin der Boss!"
Dass der 73-Jährige, der den Spitznamen "das Krokodil" trägt, seinen Anspruch auf die Nachfolge des greisen Präsidenten tatsächlich über ein Stück Tischkeramik kommuniziert, ist zwar wenig wahrscheinlich. Doch Mnangagwas Ambitionen sind unbestritten. Denn Mugabe, der erste und bisher auch einzige Präsident seit der Unabhängigkeit Simbabwes von den Briten 1980, wirkt mit seinen 93 Jahren zunehmend fragil. Seit Jahren schon fliegt er in regelmäßigen Abständen nach Singapur, um sich dort medizinisch behandeln zu lassen, immer wieder schläft das Staatsoberhaupt bei Sitzungen ein.
Laut umfangreichen Geheimdienstinformationen, die der Nachrichtenagentur Reuters vor einiger Zeit zugespielt wurden, soll Mnangagwa auch schon einen detaillierten Schlachtplan für den Fall ausgearbeitet haben, dass Mugabe stirbt oder doch noch freiwillig von der Macht lässt. Und dabei würde wohl kein Stein auf dem anderen bleiben. Denn den Dokumenten zufolge wollen der ehemalige Rechtsanwalt und seine Mitstreiter mit der ruinösen Politik Mugabes brechen und das Land mit einem reformorientierten Kurs vollkommen neu gestalten. Mnangagwa, der ein langjähriger Weggefährte des Präsidenten ist, erhofft sich dabei aber nicht nur Hilfe von den Generälen und der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien. Im Raum soll auch eine fünfjährige Einheitsregierung mit Mugabes erbittertstem politischen Widersacher, dem früheren Gewerkschaftsführer Morgan Tsvanigrai, stehen.
Und auch inhaltlich soll das Einheitskabinett, das zunächst ohne unmittelbare Legitimierung durch den Wähler regieren könnte, einen radikalen Neuanfang bringen. So sollen die rund 4000 weißen Großfarmer, die knapp nach der Jahrtausendwende enteignet und gewaltsam von ihrem Land verjagt wurden, entschädigt und reintegriert werden. "Mnangagwa ist sich bewusst, dass er die weißen Farmer braucht, wenn er an die Macht kommt. Denn aus seiner Sicht ist die industrielle Landwirtschaft das Rückgrat der Wirtschaft und mit Hilfe der weißen Farmer will er sie wiederbeleben", heißt es in einem Geheimdienstbericht vom 6. Jänner 2016.
Einst die Kornkammer
Für eine Aussöhnung mit den weißen Farmern spricht tatsächlich vieles. Denn als Mugabe 1980 die Macht im ehemaligen Rhodesien übernommen hatte, war das Land dank der gut organisierten Großbauernhöfe tatsächlich noch die Kornkammer des südlichen Afrikas gewesen. Die Wende kam erst, als Tsvangirai mit seiner Bewegung für den Demokratischen Wandel (MDC) ab dem Jahr 1998 zunehmend zur Bedrohung für den Präsidenten und seine Zanu-Pf wurde. Mugabe, der in seinen ersten Amtsjahren noch viel internationalen Applaus für seine Wirtschaftspolitik und seine Reformfreude bekommen hatte, setzte daraufhin im Jahr 2000 eine Neuverteilung des Farmlandes durch, in deren Zuge die Großbauernhöfe der Weißen zerstückelt und die Mini-Parzellen an unerfahrene schwarze Bauern übergeben wurden. In den darauffolgenden zehn Jahren fiel der Anteil der Landwirtschaft am Gesamtexportvolumen von ehemals 40 auf 3 Prozent. Auch das Bruttonationalprodukt halbierte sich in dieser Zeit, während Mugabes Regierungsstil immer autokratischer wurde.
Doch auch wenn Mnangagwas Plan zu einer Neugestaltung Simbabwes aufgrund dieser Ausgangslage vielerorts auf Sympathie stoßen dürfte, wird es für ihn wohl alles andere als leicht werden, das alles auch umzusetzen. Denn der Ruf des Vizepräsidenten ist noch immer wegen seiner Rolle bei den Massakern von Gukuahundi beschädigt, bei denen in den frühen 1980er Jahre fast 20.000 Menschen von der Armee getötet wurden. Mnangagwa war zwar nicht unmittelbar beteiligt, doch wegen seiner damaligen Position als Sicherheitsminister ist er für viele bis heute unwählbar. Eine Mehrheit scheint daher nur zusammen mit Tsvangirai, der Mugabe 2008 in der ersten Wahlrunde schlagen konnte, möglich.
Frist Lady außer Kontrolle
Auch auf die geschlossene Unterstützung seiner Partei wird Mnangagwa wohl nicht zählen können. Erbitterten Widerstand dürfte vor allem Mugabes ehemalige Sekretärin und nunmehrige Frau Grace leisten, die die Anti-Mnangagwa-Fraktion in der Zanu-Pf anführt. Die 53-Jährige, der ein verschwenderischer Lebensstil nachgesagt wird, soll selbst große Lust auf das höchste Amt im Staat haben. Allerdings hat auch ihre Reputation zuletzt stark gelitten. So soll die First Lady in einem Johannesburger Hotel ein 20-jähriges Model mit einem Verlängerungskabel attackiert haben. Grace Mugabe konnte Südafrika nur dank ihrer diplomatischen Immunität verlassen.