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Gesetzliche Mietobergrenzen sind sehr populär, bilden aber die Geschäftsgrundlage jener Spekulation mit Wohnraum, die nun lauthals beklagt wird.
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Die Frage, ob die Wiener Polizei tatsächlich ein kleines Heer von 1700 Exekutivbeamten benötigt, um ein paar überschaubar gefährliche illegale Hausbesetzer robust und nachhaltig zu delogieren, mag unter kabarettistischen Gesichtspunkten - "Kottan ermittelt" - ganz heiter sein; wirklich relevant ist im Zusammenhang mit dem spektakulären Einsatz in Wien freilich etwas ganz anderes: die Suche nach den Ursachen dafür, dass der Wiener Wohnungsmarkt ganz offensichtlich unter Gebrechen leidet, die im Extremfall eskalieren können wie eben jüngst rund um die Hausbesetzung im 2. Bezirk.
Eine einfache Antwort hat die Arbeiterkammer bereit: "Rücksichtslose Spekulation mit Immobilien" sei die Ursache des Häuserkampfes, und deshalb fordert sie "eine rasche Reform des Mietrechts mit klaren Mietobergrenzen".
Das klingt gut, ist sehr populär und hat nur einen einzigen Nachteil: So wird das Problem nicht kleiner, sondern eher noch größer werden.
Denn die Erfahrung in ganz Europa zeigt über viele Jahrzehnte eindeutig: Wenn Mieten gesetzlich so niedrig begrenzt werden, wie das politisch opportun ist, verkommt entweder die Bausubstanz über kurz oder lang völlig - oder Mieter und Vermieter umgehen diese Gesetze einvernehmlich und einigen sich auf schwarze Ablösezahlungen oder Ähnliches. Beides kann nicht im Sinne der Mieter und letztlich auch nicht der Hauseigentümer sein.
Gerade das von der Polizei geräumte desolate Haus in Wien zeigt das Problem auf. Dort waren aufgrund der Gesetzeslage Wohnungen für ein bis zwei Euro (eine sogar noch darunter) netto pro Quadratmeter vermietet, was einem Hauseigentümer natürlich nicht einmal die nötigsten Investitionen gestattet, von einem angemessenen bürgerlichen Gewinn ganz zu schweigen.
Nicht, dass das auch nur im Entferntesten üble Sauereien legitimiert wie jene, mit denen diese Mieter offenbar aus dem Haus geekelt werden sollten. Aber dies zeigt sehr wohl, dass die geltenden Gesetze mit ihren in gar nicht so wenigen Fällen noch immer vorhandenen und nicht kündbaren Minimalst-Mietzinsen weder sehr gerecht noch sehr vernünftig sind. Nicht gerecht ist, dass junge Familien, die heute eine Wohnung brauchen, dafür das Zehnfache dessen zahlen müssen, was vom Gesetz privilegierte Altmieter oder deren Nachfahren entrichten. Nicht vernünftig ist deshalb das Verbot, solche Altverträge zu Supersonderkonditionen innerhalb einer Übergangsfrist von ein paar Jahren ans Marktniveau anzupassen. Die "rücksichtslose Spekulation" wird durch die Gesetzeslage im Grunde ja erst ermöglicht: Würden alle Mieter in solchen Häusern die marktübliche Miete bezahlen, ergäbe es ja auch ökonomisch keinen Sinn, sie hinauszumobben - ganz im Gegenteil. Vermieter wiederum könnten mit gutem Grund dazu angehalten werden, ihren Besitz auch sorgfältig in Schuss zu halten, weil die Mieterträge dies ja problemlos erlaubten.
Der Einwand, dass sich nicht gerade wenige Menschen die marktüblichen Mieten in Wien einfach nicht leisten könnten, ist freilich berechtigt. Dies wäre aber durch direkte Transferzahlungen an die Betroffenen ("Subjektförderung") wesentlich effizienter zu lösen als durch staatlichen Dirigismus, bürokratische Preisfestsetzungen und andere Werkzeuge der Planwirtschaft.