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Plassnik: Nüchtern bleiben, Cap: Erweiterung stoppen

Von WZ Online

Europaarchiv

Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) hat angesichts des "massiven Nein" beim EU-Verfassungsreferendum in Frankreich zu einer nüchternen Analyse der Ursachen der Ablehnung aufgerufen. SPÖ-Klubobmann Josef Cap verlangt einen Erweiterungsstopp.


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"Jetzt ist Nüchternheit gefordert. Es hat unterschiedliche Gründe für diesen Volksentscheid gegeben, die Ablehnung war aber offenbar auch innenpolitisch motiviert", erklärte Plassnik Sonntag Abend in einer ersten Stellungnahme.

"Wir brauchen zunächst eine kluge Analyse. Die Franzosen müssen sich klar werden, was dieses Votum ausdrücken will. Es ist an ihnen, ihren europäischen Partnern eine Erklärung zu geben. Wir sollten daher nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", sagte die Außenministerin. Das Ergebnis des französischen Referendums weise als solches "keinen Weg in die Zukunft". Die EU dürfe nicht zum Sündenbock gemacht werden "für diffuse Ängste oder nationales Bauchgrimmen", sagte Plassnik, die auch vor "raschen Patentrezepten" warnte.

Für SPÖ-Klubobmann Josef Cap steht nach der Ablehnung der EU-Verfassung durch das französische Referendum "ein Erweiterungsstopp" auf der Tagesordnung. Mit der Ablehnung der Verfassung sei letztlich eine "weitere Vertiefung" der Union gescheitert", sagte Cap.

Das französische Nein sei auch zu interpretieren als Kritik an nationalen Regierungen, weil die Stimmung In Frankreich vergleichbar sei "mit dem einem oder an Land in Europa". Daher gelte es jetzt, einen Erweiterungsstopp zu fordern und dann einen neuen Verfassungskonvent einzuberufen, forderte Cap.

"Der Aufstand der Bürger gegen das bestehende Europa hat das neue Europa unmöglich gemacht", erklärte der Europasprecher der Grünen, Johannes Voggenhuber. Dafür verantwortlich macht der Europaabgeordnete an erster Stelle die nationalen Führungen. "Die Regierungen müssen endlich die europäischen Bürger aus der Geiselhaft ihrer Machtansprüche entlassen. Sonst wird es kein soziales Europa und keine europäische Demokratie geben."

Aus Sicht des früheren EU-Agrarkommissars Franz Fischler ist die EU-Verfassung "vorübergehend tot". Im Alltag werde man davon nicht sofort etwas merken, es könne sogar sein, dass gerade deswegen versucht werde, beispielsweise bei der Finanzplanung etwas weiterzubringen, sagte Fischler. Es werde aber "ziemlich viel Zeit vergehen, bis zu einer neuen Verfassung".

Jetzt geht es laut Fischler um Schadensbegrenzung. Politisch könne man auf der Basis der bestehenden Verträge weiterarbieten, es sei allerdings sehr viel komplizierte und mühsamer als mit der neuen Verfassung. Es gelte auch zu bedenken, dass einige EU-Länder dem neuen Grundgesetz bereits zugestimmt haben, deren Arbeit dürfe nicht umsonst gewesen sein.

Die Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich ist ein Schock für ganz Europa", sagte die ÖVP-Delegationsleiterin im Europäischen Parlament, Ursula Stenzel. "Dennoch stellt sich mir dieses negative Ergebnis weniger als ein Problem für die EU als für Präsident (Jacques) Chirac dar."

"Jetzt müssen wir einen kühlen Kopf bewahren. Der heutige Tag ist nicht das Ende der Europäischen Union. Es tritt auch kein vertragsloser Zustand ein. Man muss sich aber sehr wohl überlegen, wie man weitergehen will", so Stenzel im ÖVP-Pressedienst.

Der geschäftsführende BZÖ-Obmann, Vizekanzler Hubert Gorbach, sieht die EU-Verfassung durch das mehrheitliche Nein der französischen Bürger gescheitert. "Die Verfassung wie sie von Österreich ratifiziert wurde, wird nicht mehr so kommen. Die eindeutige Ablehnung mit 55 Prozent wird nicht ohne Konsequenzen für die EU bleiben", teilte Gorbach über seinen Sprecher Martin Standl der APA am Sonntagabend mit.

r sehe das Nein in Frankreich - ein "Aufstand der Bürger" - als Chance, sagte BZÖ-Obmann Jörg Haider in der ORF-Diskussionssendung "Offen gesagt". Nach der Fertigstellung des Verfassungsentwurfes habe sich die Stimmung in Europa gedreht, "weil die Bürger enttäuscht sind über die wirtschaftlichen Erfolge", so der Kärntner Landeshauptmann. Die Politik, wenn sie ein Europa der Bürger wolle, wäre gut beraten, die Kluft zwischen der politische Elite und den Bürgern zu überbrücken, so Haider.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sah die Dinge positiv: "Heute ist ein guter Tag für Europa und seine Völker. Und heute ist auch ein guter Tag für Österreich", erklärte er.

Das französische Nein sei ein "eindrucksvoller und historischer Sieg der direkten Demokratie" und "ein klares Signal gegen Zentralismus, Demokratieabbau und Erweiterung um jeden Preis", so Strache.