Forscher erprobten neues, günstiges Verfahren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Berlin. Mehr als hundert Millionen Tonnen Polyethylen und ähnliche Kunststoffe produziert die Industrie jedes Jahr aus Erdöl. Nach ihrer Verwendung werden die Plastikbeutel und -flaschen zu Müll, der im schlimmsten Fall die Umwelt verschmutzt, im besten Fall in Verbrennungsanlagen Energie liefert. Aus diesen Polyethylenen lassen sich zwar auch Treibstoffe und wichtige Rohstoffe für die chemische Industrie herstellen, jedoch bei Temperaturen über 400 Grad Celsius mit hohem Energieverbrauch und teuer. Im Fachblatt "Science Advances" stellt Zheng Huang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften ein viel preiswerteres Verfahren vor, das bei 175 Grad Celsius mit viel geringerem Energieaufwand arbeitet.
Polyethylen besteht wie andere Kunststoffe auch aus vielen identischen kleinen Einheiten, die sich miteinander zu langen Ketten, den Polymeren, verbinden. Besonders Polyethylen und nahe Verwandte wie Polypropylen sind sehr stabil und werden deshalb in der Natur kaum abgebaut. Genau deshalb schadet Plastikmüll, der zu mehr als 60 Prozent aus Polyethylenen besteht, der Umwelt und sollte daher verwertet werden. Bisher werden die Kunststoffe meist mit Hausmüll verbrannt und liefern in Müllheizkraftwerken elektrischen Strom und Wärme. Sollen die langen Polymere aber in kleinere Einheiten zerlegt werden, muss deren Stabilität mit viel Energie bei hoher Temperatur geknackt werden.
Treibstoff und Wachse
Es sei denn, die Forscher nutzen ein Verfahren, das für die "Alkene" genannten Grund-Einheiten des Polyethylens entwickelt wurde. Dabei werden etwa zwei Alkene mit je drei Kohlenstoff-Atomen in ein Alken mit zwei und ein weiteres mit vier Kohlenstoff-Atomen umgeordnet. Dieses 2005 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete "Alken-Metathese"-Verfahren wird in der chemischen Industrie eingesetzt. Die Forscher übertrugen das bisher nur für kleine Einheiten verwendete Verfahren auf die langen Polyethylen-Ketten. Nach einem Tag bei 175 Grad Celsius sind diese klein gehackt. Die Forscher erhalten eine kurzkettige Flüssigkeit, die als Diesel-Kraftstoff verkauft werden könnte. Daneben entsteht auch eine wachsweiche Substanz. Aus diesen "Paraffinen" können von Kerzen bis Salben und von Kabelisolierungen bis Imprägniermitteln für Textilien eine Reihe von Produkten hergestellt werden. Das Verfahren soll nun weiterentwickelt werden.