Das Gesamtsystem zur Beobachtung des Weltalls wird laufend verbessert.
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Wien. 1992 wurde der erste Planet beobachtet, der um einen fremden Stern kreist. Seitdem sind die Astronomen weit gekommen. Sie haben rund 1000 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt und weitere 3000 bis 4000 Kandidaten identifiziert, bei denen es sich um derartige Exoplaneten handeln könnte. Allerdings sind nur ein paar Dutzend von ihnen felsig. Auch kreist kein bekannter Felsplanet in der lebensfreundlichen Zone seines Sterns, die förderlich wäre für das Vorhandensein von flüssigem Wasser auf der Oberfläche. Zudem erfuhr die Jagd nach Exoplaneten durch den frühzeitigen Ausfall des Nasa-Teleskops "Kepler" vergangenen August einen technischen Dämpfer.
Nun aber bringt die Europäische Weltraumorganisation (ESA) eine neue Mission auf den Weg mit 34 Teleskopen und Kameras an Bord. Die Raumsonde namens "Plato" soll nach Zwillingen der Erde suchen. Sie werde "Planeten wie die Erde entdecken, die die notwendigen Voraussetzungen für Leben bieten", erklärte Laurent Gizon, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen, bei der Bekanntgabe der Mission vergangene Woche. Der Name steht für "Planetare Transite und Oszillationen von Sternen". Die mittelgroße Mission gehört zum ESA-Programm "Kosmische Vision" für 2015 bis 2025 und soll spätestens 2024 von Europas Raumflughafen in Kourou an Bord einer Sojus-Rakete starten.
"Plato" ist Teil eines Gesamtsystems zur Beobachtung des Himmelszelts, das stetig verbessert wird. Die Sonde folgt auf die Missionen "Corot" und "Kepler", die zahlreiche Exoplaneten entdeckt haben, aber eben mittlerweile nicht mehr nutzbar sind. Ersatz ist mit den geplanten Missionen "Kepler-2", "Tess" und "Cheops" geplant, die aber noch nicht startklar sind. "Plato" ist wiederum für die Zeit danach gedacht.
Viele Nadeln im Heuhaufen
"Ab 2024 könnten wir einen echten Erdzwilling finden", sagt Wolfgang Baumjohann vom Institut für Luft- und Raumfahrt (ILR) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz. Gleicht das Spähen nach winzigen Punkten am Firmament aber nicht einer Suche nach einer Nadel im Heuhaufen? Baumjohann formuliert es anders: "Es werden ganz viele Nadeln im Heuhaufen sein, wir müssen nur scharf genug hinsehen." Einen Gasriesen wie Jupiter könne man mit einem Feldstecher leicht finden. "Wir aber müssen viele kleine Objekte anschauen. Platos Arbeit ist somit wie eine Volkszählung der Erd-Zwillinge, über die wir herausfinden können, ob sie häufig auftauchen oder rar sind. Wirklich wissen können wir es aber erst durch weitere Messungen - daher auf viele Arten und Weisen geschaut."
Platos Job im Gesamtsystem ist es, bei rund einer Million relativ nahe gelegenen Sternen Ausschau nach Planeten zu halten. Die Daten sollen ermöglichen, deren Masse und Radius zu berechnen, um Rückschlüsse auf deren Zusammensetzung ziehen. "Die Entdeckungen des ESA-Sonde sollen außerdem dazu beitragen, den Aufbau unseres Sonnensystems mit anderen Planetensystemen zu vergleichen", erklärt Alvaro Giménez, ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration. Geleitet wird die Mission vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Und wie wird gemessen? "Heute betreiben wir nicht mehr reine, beschreibende Astronomie, sondern Astrophysik. Wir versuchen, physikalisch zu verstehen, wie der Weltraum und seine Objekte funktionieren", sagt Baumjohann. Satelliten und Sonden im Weltraum beobachten Röntgenlicht, Gammalicht, ultraviolettes und infrarotes Licht, je nach Größe und Entfernung der Objekte und Fragestellung. "Plato" etwa erspäht Planetentransits, so wie "Kepler" es tat. Dabei wird die Verdunkelung gemessen, die ein Planet vor seiner Sonne versursacht. Auflösung und Funktionen der Geräte von "Plato" sind auf Signale ausgerichtet, die auf Erdzwillinge hindeuten. Um aber herauszufinden, ob es dort tatsächlich Leben geben könnte, müssen noch weitere Messungen mit dem "James Webb"-Teleskop der Nasa gemacht werden, das 2018 ins All starten soll. Es soll im Infrarotbereich Planeten-Atmosphären vermessen: Zeichen für Wasser, Sauerstoff oder Methan im Spektrum könnten auf Leben hindeuten.
Austro-Satelliten im All
Mit dem Satelliten "Cheops" hat die ESA auch ihre erste Kleinmission angekündigt. Der "CHaracterizing ExOPlanet Satellite" soll 2017 ins All geschickt werden. Im Unterschied zu "Plato" soll er keine Durchmusterung vornehmen, sondern bekannte, teils vom Boden aus entdeckte Exoplaneten beobachten. Cheops soll eruieren, wie diese in Masse, Radius und Atmosphäre aufgebaut sind, um Rückschlüsse zu ziehen, ob es ein Fels- , Eis- oder Wasserplanet ist. "Der Vorteil der Bobachtung vom All aus ist, dass die Helligkeit keinen Schwankungen durch Turbulenzen in der Atmosphäre unterworfen ist", sagt Baumjohann. Das ILR hat den Instrumentenrechner von "Cheops" konstruiert.
Ein anderes Ziel verfolgen die beiden österreichischen Satelliten "Tugsat-1" und "UniBRITE", die seit einem Jahr im All die Strukturen von hellen, massereichen Sternen erkunden und derzeit erste Zeitreihen heller Objekte im Sternbild Orion aufnehmen. Der Auftrag der beiden etwa fußballgroßen und je rund sieben Kilogramm schweren Nanosatelliten ist es, im rund 800 Kilometer Höhe Daten über Helligkeitsschwankungen massiver, sehr heller Sterne zu sammeln, um Information über ihre Zusammensetzung und ihr Alter zu liefern. Auch sie werden vertieftes Wissen liefern über das Universum, in dem wir leben.