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Platzt die slowakische Koalition?

Von Frantisek Novosad

Politik

Preßburg - Die Partei der Ungarischen Koalition (SMK) will die slowakische Regierungskoalition verlassen. Auch wenn sie erst am 25. August ihre endgültige Entscheidung bekannt geben will, so ist schon heute klar, dass die SMK ihr Vorhaben, der Regierung den Rücken zu kehren, derartig deutlich gemacht hat, dass ihr kein Weg zurück offen bleibt.


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Dieser Schritt der Partei der ungarischen Minderheit wird die slowakische politische Szene gründlich aufrütteln: Dass die Restkoalition zur Minderheitsregierung wird, wäre noch akzeptabel. Die größeren Konsequenzen wird aber der Streit um die freiwerdenden Positionen in der Restkoalition haben. Wenn man die Belastung der Beziehungen zwischen den slowakischen Parteien und der SMK sowie das angekratzte Image der Slowakei im Hinblick auf ihre Integrationsbestrebungen in der NATO und in der EU dazu rechnet, kann man den Gedanken nur schwer loswerden, dass es in diesem Spiel nur Verlierer geben kann.

Vorgezogene Parlamentswahlen wären die ideale Lösung. Doch keine politische Partei hat direktes Interesse an dieser Alternative. Die Umfragewerte der Regierungsparteien sinken ab, die Oppositionsparteien sind auch noch nicht völlig zufrieden mit ihren Präferenzen. Darüber hinaus sind die regulären Parlamentswahlen ohnehin für Herbst 2002 angesetzt, also besteht kein Grund, sich verfrüht in Neuwahlen zu stürzen.

Oppositionelle Mitarbeit?

In den Parteizentralen werden "realere" Alternativen abgewogen. Die erste Alternative wäre "der kleine Oppositionsvertrag" mit der SMK. Die Ungarn-Partei würde in diesem Fall zwar ihre Minister, Staatssekretäre und Parlamentsfunktionäre zurückziehen, aber im Gegenzug für das Verbleiben der SMK-Leute in staatlichen Bezirksorganen und in Staatsfirmen weiter mit der Regierungskoalition "zusammenarbeiten".

Gegen diese Alternative hat sich eindeutig Pavol Hamzik, der Vorsitzende der Partei der Bürgerlichen Eintracht (SOP), ausgesprochen: "Entweder Koalition oder Opposition, die dritte Möglichkeit ist ausgeschlossen." Allem Anschein nach lehnt auch die Partei der Demokratischen Linken (SDL) diese Möglichkeit ab: "Wenn die Ungarn-Partei in die Opposition will, dann bitte, mit allen Konsequenzen", argumentiert Lubomir Andrassy, der SDL-Vizevorsitzende.

Mit Duldung des Erzfeinds?

Für die zweite Alternative inspirierte man sich in Prag: Den Ausweg aus der Krise sollte demnach "der große Oppositionsvertrag" mit dem Erzfeind, mit Vladimir Meciars Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS), weisen. Diese Alternative bevorzugen die Führungen der zwei Parteien SOP und SDL. Schon die Abstimmung über die Verwaltungsreform, die zum Stein des Anstoßes unter den Koalitionspartnern geworden ist, hat gezeigt, dass das Querfrontdenken für SOP und SDL eine gangbare Alternative ist.

Dieses "Querdenken" wird von den Rechtsparteien, von Dzurindas Slowakischer Demokratischer und Christlicher Union (SDKU) und den Christdemokraten (KDH), scharf abgelehnt. Die Rechten sind sich bewusst, dass ein Oppositionsvertrag mit Meciars HZDS nicht nur äußerst peinlich wäre, sondern auch der Preis für einen solchen "Handel" könnte zu hoch sein: die völlige Kompromittierung der Rechten. Überdies würde die HZDS sicher auch fordern, den Prozess der Privatisierung der Slowakischen Gasindustrie zu stoppen.

Robert Fico, der Vorsitzende der außerparlamentarischen Smer (Richtung), der Umfragen Sympathiewerte von fast 20 Prozent geben, ist der Einzige, der reales Interesse an vorgezogenen Parlamentswahlen haben könnte. Er kommentiert Dzurindas Situation mit einer Dosis Böswilligkeit: Dem Premier stünden eine schlechte, eine noch schlechtere und eine katastrophale Lösung zur Auswahl. Die reale Frage der heutigen slowakischen Politik drehe sich laut Fico nicht darum, wer bis zum Herbst 2002 regieren werde, sondern ob in der Slowakei während dieses Zeitraums bis zum Urnengang überhaupt regiert werde. Dem SIM-Chef zufolge bedroht die instabile und schwache Regierung die Integrationsambitionen der Slowakei.