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Verschwunden, aber nicht vergessen: Marken und Unternehmen, die Österreich prägten. Die Geschichte ihres Niedergangs weist einige Parallelen zu heutigen Fällen auf ...
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Die Welt der Wirtschaft ist ständig in Bewegung. Unternehmen werden gegründet, Unternehmen gehen pleite. Es wird fusioniert, umstrukturiert und transformiert. Wir waren in den vergangenen drei Jahrzehnten als Wirtschaftsredakteurinnen mit dabei. Hier ein Rückblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Handel im Wandel,nur die Großen überleben
"Der Konsum", das war eine jener Pleiten, die Zeitzeugen wohl nie vergessen werden. Historisch gesehen bleibt sie schon deswegen in Erinnerung, weil es damals, 1995, die größte ihrer Art in der Zweiten Republik war. Das Aus für den einst als Konsumgenossenschaft gegründeten Handelsriesen war aus vielerlei Hinsicht berichtenswert, hatte es doch auch eine politische Komponente. Denn der Konsum galt als Flaggschiff der Arbeiterbewegung, er ruhte auf den Säulen von Gewerkschaft und Partei. Sein Scheitern wurde zum Sinnbild, dass sich soziale Gedanken nicht marktwirtschaftlich verkaufen lassen.
Bei genauerem Hinsehen, mit dem Abstand von mehreren Jahrzehnten, lässt sich jedoch ein ganz anderes Bild zeichnen. Zwar wurde der Konsum-Kadaver, rund 630 Filialen, unter den damaligen Konkurrenten Spar, Billa, Adeg, Löwa und Meinl aufgeteilt. Die zum Konsum gehörige Gerngross-Gruppe ging an den Palmers-Konzern, die Brotfabrik Ährenstolz an Ankerbrot. Einige der damaligen Gewinner machten in den Folgejahren dann aber selbst Bekanntschaft mit dem Pleitegeier. Darunter waren Löwa und Meinl, Palmers, und auch Ankerbrot hat es letztlich erwischt. Es lag also mitnichten am roten Esprit oder damit verbundener mangelnder Expertise für Marktwirtschaft, sind doch darunter Firmen, die eindeutig der konservativeren Politik zuzuordnen sind.
Und wer damals noch einmal überlebte, den erschütterten schließlich die 2000er Jahre. Ein wahres Handelssterben setzte ein, zehntausende Mitarbeiter verloren ihre Jobs, als Dayli/Schlecker, Zielpunkt, Cosmos, Quelle und Vögele aufgeben mussten. Baumax und Kika/Leiner wurden verkauft - ein Schelm, wer da nun Vergleiche mit heute zieht...
Aber was war es, das gut im Markt eingeführte Unternehmen und Marken in den Ruin trieb? Kurz gesagt: Management-Fehler. Zu schnelles Wachstum, zu viele Filialen bei zu wenig Gewinn und Kapital sowie ein heftig umkämpfter Markt. Wer sich da verkalkuliert, ist erledigt. Das war damals so und ist es heute noch. Mittlerweile spielt auch noch der Online-Marktplatz eine wichtige Rolle - davon war bei der Konsum-Pleite halt noch keine Rede.
Wer ist übrig geblieben im Verdrängungswettbewerb? Die Großen: Rewe, Spar, Obi, Hornbach. Konzerne mit großteils multinationaler Ausrichtung. Ob sie es weiterhin durchhalten, wird man erst sehen. Für Amazon jedenfalls stehen die Chancen auf langfristiges Überleben am besten: keine Filialen, multinational, breites Sortiment und geringe Personalkosten, die teils noch ausgelagert werden können. Ob das das Businessmodell der Zukunft ist?
Die "Z"-Kugel dreht sich schon lange nicht mehr
Finanzjournalisten schrieben sich Anfang der 1990er Jahre vor allem mit einem Thema die Finger wund: die Transformation des heimischen Bankensektors. Um hier alle Transaktionen aufzulisten, fehlt der Platz. Daher hier nur die Highlights.
Ältere Semester erinnern sich sicher noch an die orangefarbenen Kugeln mit dem schwarzen "Z", die sich weithin sichtbar vor den Filialen der Zentralsparkasse drehten. 1991 verschmolzen die zum Machtbereich der SPÖ zählenden Geldhäuser Länderbank und "Z" zur Bank Austria, die später mit der "schwarzen" Creditanstalt zur Bank Austria Creditanstalt - kurz BA-CA - fusionierte.
Existierten zunächst noch beide Marken, wurde 2008 aus der BA-CA wieder die Bank Austria. Sie gehörte damals schon der italienischen Großbank UniCredit, die auch die vormalige BA-CA-Eigentümerin HypoVereinsbank (HVB) in ihr Bankenreich aufnahm. Die CA, 1855 von Bankier Anselm Salomon Freiherr von Rothschild gegründet, versank in ewigen Schlaf. Das stimmte viele emotional. "Mir blutet das Herz", sagte Heinrich Treichl, CA-Geraldirektor von 1970 bis 1981. "Eine wertvolle Marke geht nun verloren", klagte Hannes Androsch, der die CA von 1981 bis 1998 leitete. Er sprach aber auch von einem "wirtschaftlichen Hochverrat", der bereits im Jahr 2000 beim Verkauf der Bank Austria an die HVB begangen worden sei. Die Konsolidierungswelle rollte dann auch an diversen Nebenschauplätzen. So übernahm die Erste Bank im Jahr 1995 die aus der Fusion der Girozentrale mit dem Österreichischen Credit-Institut (ÖCI) entstandene GiroCredit.
Sechs Banken gingen in den vergangenen drei Jahrzehnten den Weg zum Insolvenzrichter: Bank für Handel und Industrie, Rieger Bank, Diskont Bank, Trigon Bank, Anglo Austrian AAB AG (Meinl Bank) und Commerzialbank Mattersburg. Die Kärntner Hypo Alpe Adria wurde 2009 verstaatlicht und legte 2014 ihre Banklizenz zurück. Die ganze Chronologie, wie eine einstige Landesbank ganz Österreich in Mitleidenschaft zog, kann hier nicht nacherzählt werden. So lassen wir nur stehen: Es war der größte Bankenskandal der Zweiten Republik.
Für nicht weniger Schlagzeilen sorgte die Pleite der Alpine Bau im Jahr 2013. Mit über vier Milliarden Euro an Verbindlichkeiten toppte die Insolvenz des Bauunternehmens jene des Konsum im Jahr 1995. "Ruin durch Gier, Planlosigkeit und Expansion", schrieb damals das "profil". 1995 war der Baukonzern Maculan in den Konkurs geschlittert. Expansion um jeden Preis macht sich halt nicht immer bezahlt.
Pleiten im Tourismus persönlich erlebt
Wer kann schon sagen, dass er live, persönlich und mittendrin war bei einer der größten Pleiten in Österreichs Tourismus? Tatsächlich haben wir die ultimative Erfahrung gemacht mit Itas, dem griechisch-österreichischen Reiseveranstalter, der 1996 spektakulär scheiterte. Damals machte eine Noch-nicht-"Wiener Zeitung"-Redakteurin ihre ersten Erfahrungen mit Unternehmenspleiten - es sollten leider nicht ihre letzten sein.
Dabei hatte es gut geklungen: Auslandserfahrung mit einem renommierten heimischen Reiseveranstalter, eine Saison auf einer griechischen Insel. Im September 1996 ratterte dann jedoch das Faxgerät in der Außenstelle Samos/Votsalakia: Insolvenz! Es folgten turbulente Wochen voll besorgter Touristen, Hoteliers und der eigenen Sorgen, wie es nun weiter, respektive nach Hause gehen sollte. Gehälter wurden keine mehr bezahlt. Die kurz davor erfolgte Pleite des heimischen Anbieters Karthago hatte zudem unschöne Auswirkungen heftigster Art gezeigt: Hoteliers erpressten Touristen, vor Ort nochmals zu bezahlen, Gerichtsprozesse und Klagen folgten. Es war ein Chaos, ein Jammer und unübersichtlich für alle Beteiligten gewesen.
Die Itas-Pleite allerdings leitete eine neue Phase im heimischen Reisebusiness ein. Glücklicherweise sprang der zuständige Versicherer Gerling souverän ein, 7.500 Reisende, 1.200 Reisebüros und 300 Hotels wurden entschädigt oder umgebucht. Da fast zeitgleich auch der Konkurrent Touropa ins Straucheln geriet, ausgelöst durch den Partnerwechsel von TUI zu Austrian Airlines, bekam die Branche zudem binnen kürzester Zeit eine Pflichtversicherung aufgebrummt: Fortan spannte die Reisebürosicherungsverordnung einen Schirm für Pleitefälle. Es wurde ruhiger in der Branche, und auch hier zeigte sich der Effekt: Die Großen bleiben übrig, die Kleinen werden Nischenplayer.
Wichtiges Detail am Rande: Bei beiden großen Tourismuspleiten spielte die AUA eine wichtige Rolle. Offenbar hatte sie dem Itas-Gründer Vavaressos ihren Einstieg ins Unternehmen in Aussicht gestellt, der daraufhin mit Krediten den Übergang bis dahin finanzieren wollte - und sich so übernahm. Nur stieg die damals noch österreichische Airline dann doch lieber bei Touropa ein, übernahm den 50-prozentigen Anteil von TUI und transformierte dort so heftig, dass nicht nur das bisherige Management von Bord ging, sondern auch gleich Kunden, Partner und Gewinne. TUI wiederum, befreit von Touropa, gründete flugs eine eigene Österreich-Tochter und löste mit aggressiven Preisen ein Erdbeben in der Reisebranche aus, das bis heute spürbar ist. Und die AUA? Gehört heute der deutschen Lufthansa. Es gibt eben immer noch größere Fische, die bekanntlich die kleineren fressen ...