Notkredit für Rom könnte Hilfsrahmen sprengen. | EU-Spitzen wollen Situation beruhigen. | Rettungsschirm auf Dauer abgesegnet.
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Brüssel. Nach Griechenland, Irland und Portugal könnte jetzt auch Italien in massive finanzielle Schieflage geraten. Das waren vor dem Treffen der Eurofinanzminister am Montagabend zumindest die schlimmsten Befürchtungen.
Weil wieder einmal keine konkreten Entscheidungen über ein zweites Notkreditpaket für die Griechen erwartet wurden, steigt scheinbar die Ansteckungsgefahr für weitere Euroländer. Mehrfach war von einem Krisentreffen zwischen EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso mit Wirtschaftskommissar Olli Rehn, dem Eurogruppenchef und Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker sowie Vittorio Grilli die Rede, dem Vorsitzenden des Wirtschafts- und Finanzausschusses (WFA).
Später versuchten die meisten Beteiligten die Sitzung herunterzuspielen. Van Rompuys Sprecher erinnerte daran, dass sich der Präsident jeden Montag mit Barroso treffe, um die wichtigsten Themen der kommenden Woche zu besprechen. Keine Krisen-, sondern reine Koordinierungsgepräche seien angesetzt gewesen. Darunter sei auch die Vorbereitung des Eurogruppentreffens gewesen, hieß es weiter. Der Italiener Grilli sei nicht wegen der Situation in Italien sondern in seiner Eigenschaft als WFA-Chef gefragt gewesen. Aufgabe dieses Gremiums der höchsten Finanzbeamten der EU-Länder ist tatsächlich die Vorbereitung der Ministertagungen.
Deutschland wiegelt ab
Nicht ganz klar war, wie sehr dort die drohende Krise in Italien ein Thema sein sollte. Man werden den italienischen Kollegen Giulio Tremonti zu den Vorgängen im Land befragen, meinte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. Er glaube jedoch „überhaupt nicht”, dass Italien das nächste Problemland werde, wiegelte ihr deutscher Kollege Wolfgang Schäuble ab. „Es handelt sich bloß um die übliche Aufregung vor solchen Treffen.”
Befeuert wurde die Aufregung freilich, weil die Dimension eines Rettungspakets für Italien die bisherigen Notkreditaktionen lächerlich klein aussehen ließe - schließlich müsste die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone aufgefangen werden. Nur in den kommenden Monaten müsse das Land 120 bis 130 Milliarden Euro zurückzahlen, sagte ein Berater von Premierminister Silvio Berlusconi der Nachrichtenagentur Reuters. Über die nächsten fünf Jahre wird der Refinanzierungsbedarf auf rund 900 Milliarden Euro geschätzt. Das sprengte den Rahmen des aktuellen Eurorettungsschirms „European Financial Stability Facility” (EFSF) mit seinen 440 Milliarden Euro bei weitem. Auch anteilige Zuzahlungen des EU-Rettungsschirms „European Financial Stability Mechanism” (EFSM) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) änderten daran nichts.
Auslöser für Sorge um Italien sind neue Rekordrisikoaufschläge für italienische Staatsanleihen, die es dem Land schwierig machen könnten, auf Dauer seine Schulden zu bedienen. Die Zinsen waren in die Höhe geschnellt, weil Finanzminister Tremonti regierungsintern wegen seiner strengen Sparpakete unter Druck kommen könnte.
„Übliche Gerüchte”
Nur er gilt nach außen hin aber als Garant für einen glaubwürdigen Konsolidierungskurs in Italien. Und mit einer Verschuldung von rund 120 Prozent seiner Wirtschaftsleistung liegt das Land hinter Griechenland mit gut 140 Prozent auf Platz zwei in der Eurozone.
Um dauerhafter für eine Stabilisierung der Gemeinschaftswährung zu sorgen, unterzeichneten die Finanzminister am Montag immerhin endgültig die Schaffung eines dauerhaften Eurorettungsschirms für die Zeit ab Mitte 2013 (European Stability Mechanism/ESM) und die Stärkung des EFSF. Dieser soll künftig seine vollen 440 Milliarden Euro zugunsten schwankender Euroländer auf den Finanzmärkten aufnehmen können. Weil die Ratingagenturen für eine Top-Bewertung der EFSF-Anleihen Überdeckung verlangen, musste die zugrunde liegende Haftungssumme aufgestockt werden.
Der von der Zeitung „Die Welt” kolportierten Forderung der Europäischen Zentralbank (EZB), den Rettungsschirm (inklusive IWF-Anteil) auf bis zu 1500 Milliarden Euro zu verdoppeln, wurde dagegen nicht nur in Diplomatenkreisen eine klare Absage erteilt. „Davon kann überhaupt nicht die Rede sein”, sagte Schäuble. Es handle sich dabei um die „üblichen Gerüchte vor solchen Treffen, die mit der Realität nichts zu tun haben.” Die Forderung wurde allerdings nicht das erste Mal lanciert. Schon im Juni hatte der niederländische Notenbankchef Nout Wellink eine entsprechende Aufstockung gefordert.