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Plötzlich ist die Gasse zu schmal

Von Christian Rösner

Politik

Strafe wegen geringer Fahrbahnbreite: Beispiel könnte Schule machen.


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Wien. Seit Jahrzehnten haben die Autos in der Oberwiedenstraße in Hernals parken dürfen. Doch nach einer Privatanzeige rückte nun die Polizei aus, um alle zu strafen. Der Grund: Die Restfahrbahnbreite von 2,6 Meter wurde nicht eingehalten.

Die Reaktion: Die Anrainer sind empört und schieben Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou die Schuld zu. Sie würde die Polizei zum Strafen animieren, um noch mehr Parkplätze in der Stadt zu vernichten - "als würde das Parkpickerl nicht schon reichen", heißt es da. Doch die Stadträtin weist das entschieden zurück: "Die gefährliche Situation, dass hier kein Einsatzfahrzeug mehr zufahren kann, muss entschärft werden", meinte ein Sprecher am Mittwoch. Außerdem musste die Polizei wegen einer anonymen Anzeige aktiv werden und nicht aufgrund einer politischen Intervention, hieß es.

Das bestätigt auch Oberst Johann Golub von der Wiener Polizei im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Wenn uns wer anruft und sagt, da gibt es Falschparker, denn müssen wir dorthin. Würden wir das ignorieren, wäre das Amtsmissbrauch", so Golub. Und strafen müsse die Polizei so lange, bis vom Bezirk und der zuständigen MA 46 rechtskonforme Lösungen gefunden worden sind. "Wir sind nicht die Verkehrsbehörde, sondern für Einhaltung der Gesetze zuständig."

Nach rechtskonformen Lösungen wird nun gesucht - eine Möglichkeit wäre, die Straße künftig als Einbahn zu führen, um die notwendige Straßenbreite zu gewährleisten oder Ausweichbuchten zu schaffen.

Doch die Oberwiedenstraße dürfte kein Einzelfall sein. "Das Problem haben wir laufend", meint Golub dazu. Zahlen gebe es dazu bei der Polizei aber keine. Ein politisches Kalkül schließt Golub jedenfalls aus. Auch einen Zusammenhang mit der Ausweitung des Parkpickerls will Golub aber nicht sehen. "Das hätten vielleicht manche gerne, es ist aber definitiv nicht so", betont Golub.

Parkpickerl schuld?

Bei der MA 46 ist man da allerdings ganz anderer Meinung. Laut Iris Wrana von der MA 46 gab es mit der Erweiterung der Parkpickerlzone eine Neuorganisation der Parkraumbewirtschaftung. "Dadurch ist eine weitaus größere Ressource vorhanden und auch die Kompetenzen haben sich verändert, sodass generell vielmehr gestraft werden kann", meint Wrana. Und im Zusammenhang mit der Restfahrbahnbreite ist hier besonders der Westen Wiens betroffen, wo sich in den vergangenen Jahren viele Kleingartensiedlungen zu ganzjährigen Wohngebieten entwickelt hätten.

Dass das einmal mehr politischen Sprengstoff in sich birgt, zeigt die Reaktion so mancher betroffener Anrainer, die die Schuld bei den Wiener Grünen suchen. Besonders kritische Grüne schieben wiederum die Schuld der SPÖ in die Schuhe - schließlich sei sie es gewesen, die das ganzjährige Wohnen im Kleingarten ermöglicht habe, ohne an die verkehrstechnischen Konsequenzen gedacht zu haben.

Die Bezirksvorsteherin von Hernals, Ilse Pfeffer, interessiert das herzlich wenig. Denn das eigentliche Problem haben ihrer Meinung nach die Anrainer. "Da prallen Existenzbedürfnisse aneinander", betont sie. Bei der Oberwiedenstraße gehe es - zumindest im oberen Teil - um die einzige Straße, die zu den Häusern beziehungsweise Kleingärten führt. "Da hätte ich schon gerne gewusst, wie man zurecht kommt. Ich habe dort keine Quergassen, auf die ich ausweichen kann. Die Leute müssen jetzt schon 20 Minuten gehen, wenn sie am oberen Wilhelminenberg parken, weil sie in der Oberwiedenstraße keinen Parkplatz finden", so Pfeffer. Da könne man noch so autofeindlich sein. Tatsache sei, dass im Westen das Fahrrad eine schlechte Alternative ist. "Liebhartstal, Wilhelminenberg, Schafberg, Heuberg - da kann man sein Fahrrad schieben", so die Bezirkschefin.

Viel Geld zu holen

Wie viele Gassen es in Wien gibt, wo die Restfahrbahnbreite nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, konnten weder die Verkehrsstadträtin, die MA 46, die Bezirksvorsteherin, noch die Polizei sagen. Falls die Exekutive aber Schwerpunktaktionen setzen würde, wäre mit Sicherheit viel Geld zu holen - und in der Folge viele "Reparaturmaßnahmen" einzuleiten. Und zwar wiederum auf Kosten vieler Parkplätze. So viel steht fest.

"Und das alles nur, weil sich ein paar Anrainer streiten", meint Pfeffer. Denn bereits vor Jahren hätten solche Streitigkeiten dazu geführt, dass etwa in der Promenadengasse Ausweichbuchten geschaffen wurden. "Jetzt ist dort zwar alles rechtens, aber es gibt weniger Parkplätze." Dasselbe soll im Mai auch in der Heuberggasse geschehen. "Das Problem ist nur, wenn zwei sich streiten, freut sich in dem Fall nicht der Dritte, weil die Polizei alle dort Parkenden abstrafen muss und am Ende auch allen Anrainern weniger Parkplätze zur Verfügung stehen."