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Der Klub der Altparteien hat Zugang erhalten: Für Peter Pilz sind jetzt auch die Grünen dabei. Er selbst kokettiert mit der Gründung einer eigenen Bewegung - selbstverständlich zum Wohle der Bürger. Irgendwie erinnern seine jüngsten Interviews an Jörg Haiders beste und Frank Stronachs frühe Jahre, wobei weder das eine noch das andere despektierlich gemeint ist.
Österreichs Politik zu fassen, ist kein leichtes Unterfangen. Seit gut 30 Jahren scheinen die Parteien und ihre Beziehungen zu den Bürgern in einem seltsamen Übergang zwischen dem bekannten Alten und etwas Neuem zu sein, von dem noch nicht klar ist, was daraus werden wird. Die Neos glauben, sie wären schon dort, wo Pilz hin will und Stronach nie ankam. Und während der FPÖ das Kunststück gelang, eine politische Spezies ganz eigener Art zu schaffen, werkt Sebastian Kurz daran, die ÖVP ins 21. Jahrhundert zu überführen, ohne dabei deren Seele zu opfern. Das gleiche Zauberstück versucht Christian Kern mit der SPÖ. Und plötzlich erweisen sich ausgerechnet SPÖ und ÖVP als weit stabiler als ihre selbsternannten Erben.
Wenn es in diesem Land so etwas wie eine neoliberale Kultur geben sollte (was bei einer Staatsquote von mehr als 50 Prozent zu beweisen wäre), dann wäre es der Trend, aus Parteien unbedingt "Bewegungen" formen zu wollen. Natürlich mit charismatischem Führer im Zentrum. Darin kommt ein Streben zum Ausdruck, das auf die Auflösung gewachsener Gemeinschaften hinausläuft, mit dem Zweck der kurzfristigen Nutzenmaximierung. Das kann notwendig sein, etwa wenn sich eine Partei überlebt hat; oder wenn sie zum eigentlichen Zweck einer Partei, der Bündelung von Interessen mit dem Ziel der Machtgewinnung, nicht mehr taugt.
Diese Entwicklung als neoliberal zu bezeichnen, ist kein Werturteil. Gemeint ist lediglich die Reaktion auf ein Wettbewerbsversagen, bei dem gewachsene Bindungen dem Markt geopfert werden. Und dass sich ein solcher Politikzugang auch bei linken Milieus erstaunlicher Beliebtheit erfreut, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Das Ausmaß an Verachtung der neuen Bewegungspolitiker für die angeblichen Altparteien hört man sonst nur von Managern, die gerade einen angestaubten Konzern filetieren. Aber beide sind Entrepreneure, die Neues schaffen wollen und dabei bereit sind, Bestehendes zu opfern. Willkommen im richtigen Leben.