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Der gesetzliche Anpassungsfaktor steht. Für niedrige Pensionen und bei Sozialleistungen könnte es aber mehr Geld geben.
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Nun ist es amtlich: Die Inflationsrate des Julis liegt bei enorm hohen 9,3 Prozent. Da die Berechnung des Anpassungsfaktors für die Pensionserhöhung bei der im Vergleich zu heute noch niedrigen Inflation von 3,2 Prozent vom August 2021 startet und die Inflation erst dann Monat für Monat höher wurde, sollte die Regierung die Pensionen um zumindest 5,8 Prozent erhöhen.
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In der Vergangenheit fiel das Plus bei niedrigen Pensionen deutlich höher aus. Mit 1. Jänner 2023 gibt es erstmals nicht nur für Pensionen und die Ausgleichszulage, damit auch die Sozialhilfe, einen Teuerungsausgleich, sondern auch bei anderen Sozialleistungen wie etwa der Familienbeihilfe. Noch ist aber ungewiss, ob es genau der gleiche oder sogar ein höherer ist.
Niedrige Pensionen werden mehr erhöht als hohe
Aber auch die Pensionistinnen und Pensionisten müssen sich vermutlich nicht alle mit einem Plus von 5,8 Prozent zufriedengeben. In den vergangenen Jahren wichen die Regierungen mit ihren Beschlüssen immer wieder vom gesetzlichen Anpassungsfaktor ab. Im vergangenen Jahr lag dieser zum Beispiel bei 1,8 Prozent. Wenn die Pension aber nicht mehr als 1.000 Euro ausmachte, wurde sie zum Jahresbeginn um drei Prozent erhöht. Der Faktor sank dann linear ab, erst jene, die mehr als 1.300 Euro Pension hatten, erhielten das dezente Plus von 1,8 Prozent.
Der damalige Vorsitzende der Pensionskommission, Ex-Sozialminister und Sektionschef Walter Pöltner, gab deshalb im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sogar seinen Rückzug aus dieser Funktion bekannt, weil das laufende Abweichen vom gesetzlichen Faktor vor dem Hintergrund der langfristigen Pensionsfinanzierung und einer "generationenübergreifenden Pensionspolitik nicht zu rechtfertigen" sei.
Trotzdem dürfte es auch heuer wieder so kommen. Nicht nur, weil die Verhandlungsbasis für den sozialdemokratischen Pensionistenverbandspräsidenten Peter Kostelka laut Aussendung satte zehn Prozent Verhandlungsbasis sind - und das nicht nur für niedrige Pensionen: "Wir erleben die massivste Teuerungswelle seit 50 Jahren. Die Lage ist mittlerweile existenzbedrohlich, Altersarmut breitet sich aus und der Kaufkraftverlust betrifft auch mittlere und höhere Pensionen", lässt Kostelka wissen. Selbst Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec hält zwar "plakative Forderungen im Vorfeld nicht für zielführend". Trotzdem fordert auch sie neben der vollen Inflationsanpassung, auf die alle, die in Pension sind, "Anspruch haben", "zusätzliche Maßnahmen, um die Teuerung abzufedern".
Ein größeres Plus ist schon alleine deshalb realistisch, weil es Vertreter beider Regierungsparteien im Vorfeld angekündigt haben. "Die Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, werden nicht im Stich gelassen. Das sind insbesondere Bezieherinnen und Bezieher kleiner Pensionen", sagte Finanzminister Magnus Brunner im Gespräch mit der APA. Die Bundesregierung werde "jene, die besonders unter der Teuerung leiden, stärker entlasten".
Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen wurde im ORF-Sommerspräch noch konkreter. Er sprach von zwei bis 2,5 Prozentpunkten mehr für die niedrigsten Pensionen. Das wäre also ein Plus von acht Prozent und vermutlich die untere Messlatte für Verhandlungen.
Begutachtung der Valorisierung der Sozialleistungen läuft
Die Regierung will künftig nicht nur die Ausgleichszulage, an der sich die Sozialhilfe bemisst, erhöhen, sondern auch weitere Sozialleistungen nach der selben Systematik wie die Pensionen. Zwar ist mit 15. Juli ein Ministerialentwurf in Begutachtung gegangen, wonach die Familienbeihilfe, der Mehrkindzuschlag und der Kinderabsetzbetrag, Kranken-, Rehabilitations-, Wiedereingliederungs- und Umschulungsgeld sowie die Studienbeihilfe künftig jedes Jahr "mit dem Anpassungsfaktor nach § 108f ASVG zu vervielfachen" sei. Das entspricht also genau jenem bei Pensionen.
Das dürfte aber gut informierten Kreisen zufolge noch nicht in Stein gemeißelt sein. Der Zeitraum über den hinweg der Anpassungsfaktor berechnet wird, soll noch offen sein. Denn Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) hatte vor der Begutachtung jedenfalls betont, dass die Erhöhung der Sozialleistungen "sicher nicht" unter jener der Pensionen liegen werde. Möglich wäre das etwa, wenn der Zeitraum nicht bei der hohen Juliinflation endet, sondern die Regierung die vermutlich höhere Teuerung des zweiten Halbjahres 2022 statt jener der zweiten Jahreshälfte des Vorjahres in ihre Berechnungen einbezieht. Bliebe sie so hoch wie im Juli, würde das Plus bei den genannten Anpassungen der Sozialleistungen zumindest acht Prozent ausmachen.
Martin Schenk, Sozialsprecher der Armutskonferenz, macht darüber hinaus darauf aufmerksam, dass auch das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe weniger wert werden. "Auch die Familienzuschläge zum Arbeitslosengeld sind seit 2001 nicht mehr angepasst worden." Die Regierung verwies hierbei auf die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen zur Arbeitsmarktreform. Jene mit Notstandshilfe dürfen sich Hoffnung darauf machen, dass ihr Bezug ebenfalls valorisiert wird.
Schenk schlägt außerdem vor, die Pensions- und Sozialleistungserhöhungen vorzuziehen: "Das ließe sich bürokratisch einfach umsetzen, würde den Leuten helfen, wo jetzt schon die Energiepreise raufgehen. Im Großen macht das für das Budget nicht viel aus. Beim einzelnen Betroffenen aber wirkt das voll und wäre eine echte Hilfe."