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Poker um das Gouverneursamt?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Bewerbungsreigen nun offiziell eröffnet: Bewerbungsfrist läuft bis 14. März. | Liebscher wechselt nicht an die Spitze des Generalrats. | Wien. In der Oesterreichi-schen Nationalbank (OeNB) räumt Klaus Liebscher Ende August nach insgesamt zehn Jahren Amtszeit den Chefsessel und geht in Pension. Wer ihm als Gouverneur nachfolgt, entscheidet die Regierung in den nächsten Monaten - voraussichtlich im Mai.


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Mit heute, Dienstag, ist der Bewerbungsreigen um den prestigeträchtigen Job jedenfalls offiziell eröffnet. Der Posten des Notenbank-Gouverneurs - er sichert automatisch auch einen Sitz im Rat der Europäischen Zentralbank - ist im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" ausgeschrieben - für eine fünfjährige Funktionsperiode (ab 1. September 2008). Die Bewerbungsfrist läuft bis 14. März.

Als der heißeste Anwärter auf den Führungsposten gilt nach wie vor Ewald Nowotny, der seine Kandidatur bereits im Dezember offiziell angekündigt hat. Als Bawag-Vorstandschef (2006 bis Ende 2007) hat sich Nowotny große Verdienste erworben, als es darum ging, das schwer angeschlagene Geldinstitut wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Diese Verdienste sind über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt worden.

Vor seinem Abstecher zur Bawag war Nowotny Vize-Präsident der Europäischen Investitionsbank (von 1999 bis 2003). Ambitionen auf einen Job im OeNB-Direktorium hatte er schon vor fünf Jahren. Damals war er im Vorschlag des OeNB-Generalrats (Aufsichtsrat) zwar an erster Stelle für den Vize-Gouverneur gereiht gewesen, das Rennen machte jedoch Wolfgang Duchatczek (nicht zuletzt auf Grund der damaligen politischen Konstellation der Bundesregierung).

Wird die Notenbank rot?

Zumindest hinter den Kulissen heißt es, dass es zwischen den beiden Koalitionspartnern ÖVP und SPÖ bereits längst ausgemacht ist, dass Nowotny Liebscher an der Spitze der Nationalbank ablöst. Nowotny, ein eingefleischter Sozialdemokrat, wäre der erste rote OeNB-Gouverneur. Eine engere Tuchfühlung zur Notenbank hat er seit fast einem Jahr - seit er dort als einfaches Mitglied im Generalrat sitzt.

Neben Nowotny werden sich dem Vernehmen nach auch OeNB-Vize Wolfgang Duchatczek und OeNB-Direktor Peter Zöllner für den Spitzenposten in der Chefetage bewerben. Ihre jetzigen Mandate stehen dieses Jahr ebenso zur Disposition wie jenes von OeNB-Direktor Josef Christl (siehe Ausschreibung im Amtsblatt). Christl werden allerdings nur geringe Chancen auf einen Verbleib im Direktorium eingeräumt. Wie es in Finanzkreisen heißt, könnte ihm OeNB-Abteilungsleiter Andreas Ittner folgen. Als weitere mögliche Kandidaten werden Bawag-Vize Stephan Koren und Investkredit-Chef Wilfried Stadler gehandelt.

Liebscher selbst wechselt nicht an die Spitze des Generalrats. Er verzichtet auf das Amt des Nationalbank-Präsidenten, das im September mit dem Ausscheiden von Herbert Schime-tschek frei wird. Laut Nationalbankgesetz wäre ein fliegender Wechsel zwar möglich. Da die OeNB aber zu Jahresbeginn die Bankenaufsicht übernommen hat, will Liebscher nicht für schiefe Optik sorgen. Denn bei den Banken darf ein scheidender Vorstandschef nun erst nach zwei Jahren in den Aufsichtsrat wechseln. Amtsblatt Seite 33