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Siegreiche Oppositionsparteien nehmen informelle Koalitionsverhandlungen auf. | Bratislava. Der slowakische Staatspräsident Ivan Gasparovic will Ministerpräsident Robert Fico bis Mittwoch kommender Woche Zeit zur Regierungsbildung geben. Es wäre ungerecht und falsch, wenn ausgerechnet der Vorsitzende jener Partei, die den größten Zuspruch erfahren habe, seine Wähler enttäusche, stellte Gasparovic am gestrigen Montag klar.
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Ficos sozialdemokratische Smer-SD hatte die Nationalratswahlen am Samstag mit einem Stimmenanteil von 34,8 Prozent zwar gewonnen. Die bisherigen Koalitionspartner erlitten jedoch schwere Verluste: die Slowakische Nationalpartei (SNS) von Jan Slota meisterte die Fünf-Prozent-Hürde nur knapp, die LS-HZDS von Ex-Premier Vladimir Meciar schaffte den Einzug ins Parlament nicht.
Fico nahm den Auftrag an, obwohl die Spitzenkandidaten der vier künftig im Parlament vertretenen bürgerlichen Parteien - SDKU-DS, SaS, KDH und Most-Hid - tags zuvor einer Zusammenarbeit mit ihm eine Absage erteilt hatten. Zusammen mit der SNS verfügt der Premier über 71 Mandate, die vier Oppositionsparteien kommen auf insgesamt 79 Parlamentssitze.
Dennoch zeigte sich Fico zuversichtlich. Die Fraktionen in der Opposition seien eine Quelle "riesiger Instabilität", erklärte er. Daher strebe er die Bildung einer stabilen Regierung aus zwei Parteien an.
Am meisten verspricht sich Fico offenbar von den Verhandlungen mit den Christdemokraten der KDH. Smer-SD wäre offenbar bereit, den Vertrag mit dem Vatikan über die Gewissensfreiheit zu unterstützen, über dem die Regierung von Mikulas Dzurinda 2006 auseinander gebrochen war. Kurz vor den Wahlen stimmte die KDH gemeinsam mit der bisherigen Regierungskoalition für eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts.
Interesse in Ungarn
Unterdessen nahmen die vier Oppositionsparteien informelle Verhandlungen auf. Die SDKU-DS soll offenbar vier Ressorts bekommen, die SaS drei, KDH und Most-Hid jeweils zwei. Dabei beansprucht die SDKU-SD das Justizministerium, der SaS wiederum das Finanz- sowie das Arbeits- und Sozialministerium. Der frühere Justizminister Daniel Lipsic von der KDH will angeblich Innen- oder Verteidigungsminister werden.
In Ungarn wurden die Wahlen im Nachbarland mit großem Interesse verfolgt. Ministerpräsident Viktor Orban begrüßte, dass die Slowakei künftig eine Mitte-Rechts-Regierung habe. Die Sozialisten werfen ihm vor, er habe der Partei der ungarischen Koalition (SMK) von Pal Csaky in der Slowakei mit seinem aggressiven Gebaren bei der Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für Auslandsungarn "den Todesstoß versetzt". Die SMK war an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Experten in Budapest zufolge wird es entscheidend für die slowakisch-ungarischen Beziehungen sein, ob Orban wieder einen konstruktiven Dialog mit Bela Bugar, dem Vorsitzenden von Most-Hid, werde führen können, nachdem er vor den Wahlen so eindeutig Stellung für Csaky bezogen habe.