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Gas aus Norwegen soll Abhängigkeit von Russland verringern. | Wien. Angesichts starker - und weiter steigender - Importabhängigkeit Europas von russischem Erdgas arbeiten die Energiekonzerne der EU-Länder fieberhaft an Strategien, Gas verstärkt aus anderen Quellen zu beziehen. Der zu 85 Prozent staatliche börsenotierte polnische Gaskonzern PGNiG (Polskie Gornictwo Naftowe i Gazownictwo) wendet sich dazu nach Norden und beteiligt sich sowohl an den großen Gasfeldern vor der Küste Norwegens als auch am Projekt einer 463 Kilometer langen Offshore-Pipeline von Norwegen nach Dänemark und Schweden.
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Über eine 200 Kilometer lange eigene Pipeline von Kopenhagen bis zur polnischen Küste in der Nähe vor Stettin sollen schließlich bis zu drei Milliarden Kubikmeter norwegisches Gas pro Jahr nach Polen fließen - "und dann wird die Architektur des Gasmarktes zumindest in diesem Teil Europas eine ganz andere sein". "Wir wollen vom reinen Abnehmer zum Player werden - und wir sind stark genug, es zu tun" erklärte PGNiG-Finanzchef Cyryl Fedorowic am Rande der internationalen Energiekonferenz "Gas and Power in Central & Eastern Europe" gegenüber der "Wiener Zeitung".
Am Endes des Tages wolle man Polens steigenden Gasbedarf zu je einem Drittel aus Eigenförderung sowie aus Importen aus dem Osten und Einfuhren aus dem "Norden und Westen" decken. Dafür wird auch ein eigener 350 Millionen Euro teurer LNG-Terminal an der Ostsee gebaut, über den - von Lieferanten aus Nordafrika und dem Nahen Osten - zunächst 2,5 und im Endausbau bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas pro Jahr ins Land kommen sollen.
Auch die Gasvorräte sollen durch Aus- und Neubau von Speichern stark aufgestockt werden und letztlich für 80 statt wie derzeit für 30 Tage ausreichen.
90 Prozent der Importe derzeit aus Russland
Derzeit deckt Polen 30 Prozent seines Gasbedarfs aus heimischer Produktion. Polen verbraucht pro Jahr rund 14 Milliarden Kubikmeter Gas - etwa so viel wie das viel kleinere Ungarn. "Wir haben derzeit einen sehr altmodischen Energiemix, mit einem Kohle-Anteil von 60 Prozent, fast wie China, aber das wird sich rasch ändern".
Die Importe stammen zu 90 Prozent aus Russland - mit der Gazprom gibt es einen bis 2022 laufenden Liefervertrag über bis zu 9 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Geliefert wird das russische Gas über die Jamal-Pipeline, deren polnischen Abschnitt die EuRoPol Gaz betreibt, ein 50:50-Joint Venture der PGNiG mit dem russischen Monopolisten Gazprom.
"Wir zweifeln nicht an der Verlässlichkeit unserer Partner", wird betont. Aber nachdem Gazprom nun die "Northstream-Pipeline" unter der Baltischen See direkt von Russland nach Deutschland baut, statt - "wie eigentlich vereinbart" - die Jamal-Leitung durch Polen "um vieles billiger" auf doppelte Kapazität auszubauen, sei die "skandinavische Alternative" noch dringender notwendig, argumentieren die Warschauer.
An der insgesamt 880 Millionen Euro teuren Skanled-Pipeline mit einer Jahreskapazität von 8 Milliarden Kubikmeter beteiligen sich die Polen mit 15 Prozent. Skanled soll 2012 in Betrieb gehen. Die eigene, 200 Kilometer lange "Baltic-Pipeline" könnte sogar schon 2010 fertig sein: "Derzeit holen wir die Umweltgenehmigungen ein, der Bau selbst könnte binnen eines Jahres abgewickelt sein".
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