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Polens Botschafter in Wien vor seiner Abberufung?

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Vorwürfe der Spionagetätigkeit. | Polens Außenamt für Abberufung. | Warschau/Wien. Spitzel an allen Fronten: Die polnische Suche nach ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern hat sich auch auf das Ausland ausgeweitet. So muss der polnische Botschafter in Wien, Marek Jedrys, wohl bald seinen Posten räumen. Anfang der Woche wurde er - wie die Botschafter in der Türkei, in China und Kuwait - zu Konsultationen nach Warschau gebeten. Und auch wenn das Außenamt in Warschau offiziell "zu Personalfragen grundsätzlich keine Stellung nimmt", sei mittlerweile der Antrag auf Abberufung an den Premier gestellt worden, berichtete Radio RMF FM. Das Büro des Präsidenten, an den der Antrag geleitet wird und der für Ernennungen sowie Abberufungen zuständig ist, war für einen Kommentar nicht erreichbar.


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Der Name des Botschafters taucht in einem umstrittenen Regierungsbericht über die Tätigkeiten des mittlerweile aufgelösten Militärgeheimdienstes (WSI) auf. Dessen Mitarbeiter sollen bis 2001 konservative Politiker ausspioniert, Mafia-ähnliche Strukturen gebildet haben und in Fälle von illegalem Handel mit Alkohol und Waffen verwickelt worden sein.

Jedrys selbst soll die Aufgabe gehabt haben, auf Botschafter "in die vom WSI vorgegebene Richtung" Einfluss zu nehmen. Ebenso soll der 61-Jährige - seit 1969 als Diplomat für das Außenministerium tätig - geholfen haben, Posten in Vertretungen nach den Wünschen des WSI zu besetzen. Dass er dies noch während seiner Zeit in Wien getan haben könnte, ist reine Spekulation. Der Bericht umfasst Tätigkeiten vor dem Jahr 2003. In Österreich arbeitet Jedrys erst seit September 2004.

Täglich neue Vorwürfe

Die Beseitigung des "Netzwerkes aus Spionen, Altkommunisten und korrupten Unternehmern" geben die Zwillingsbrüder Lech und Jaroslaw Kaczynski, Polens Präsident und Premier, als Ziel an. Mittlerweile vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Spitzel-Vorwürfe Politiker, Intellektuelle, Künstler oder Geistliche treffen. Allein die Tatsache, dass Jedrys in dem Bericht genannt wird, bedeute das Ende seiner Diplomatentätigkeit, heißt es in Kreisen des Außenministeriums.