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Polens Koalition zerbrochen

Von Martyna Czarnowska

Politik

Warschau - Die polnische Regierungskoalition zwischen dem Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) und der Bauernpartei PSL ist zerbrochen. Die Abstimmung über die Einführung einer Straßenmaut war Auslöser für eine Regierungskrise mit schweren Folgen.


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Der Zeitpunkt für eine Regierungskrise ist wohl selten günstig. Doch für die polnische Koalition könnte er kaum schlechter gewählt sein als jetzt. 16 Monate nach der Parlamentswahl und drei Monate vor dem EU-Referendum ist die Zusammenarbeit zwischen SLD und PSL beendet. Und es ist nicht auszuschließen, dass die Bauernpartei nun ins Lager der EU-SkeptikerInnen wechseln könnte.

War das Verhältnis zwischen den Regierungspartnern nicht zuletzt wegen der EU-Beitrittsbedingungen gespannt, so ist die Koalition letztendlich an einer anderen Sache gescheitert. Die SLD und ihr kleinerer Koalitionspartner Arbeitsunion wollten eine Straßenmaut einführen; Abgeordnete der PSL stimmten im Sejm dagegen. Es sei nicht die richtige Zeit für ein derart kontroversielles Projekt, lautete eine Begründung. Der Gesetzesvorschlag wurde mit einer Mehrheit von 206 Stimmen abgelehnt.

"Man kann nicht gleichzeitig in der Regierung und in der Opposition sein", erklärte Ministerpräsident Leszek Miller Samstag Abend im Fernsehen. "Ich akzeptiere das nicht." Ein zuvor mit dem PSL-Vorsitzenden und Landwirtschaftsminister Jaroslaw Kalinowski geführtes Gespräch hatte die Situation nicht entschärfen können. Miller wird Staatspräsident Aleksander Kwasniewski ersuchen, Kalinowski und dessen Parteikollegen, Umweltminister Stanislaw Zelichowski aus dem Kabinett zu entlassen. Laut polnischer Presseagentur PAP könnten bereits heute, Montag, zwei neue Minister ernannt werden.

Mit wem die SLD weiterregieren wird, ist derzeit noch offen. Die "Selbstverteidigung" (Samoobrona) mit dem selbst ernannten Bauernführer Andrzej Lepper, der sich für Koalitionsgespräche offen zeigt, ist kein Wunschpartner. Am wahrscheinlichsten ist eine Minderheitsregierung. In diesem Fall könnte die SLD allein aber im Parlament kein Gesetz durchbringen und kein einziges Misstrauensvotum abwehren.