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Polens Menschenrechtskommissar unter Druck

Von Petra Tempfer

Recht
Volksanwalt Günther Kräuter mit seinem polnischen Amtskollegen Adam Bodnar.
© Foto: Volksanwaltschaft

Staatlicher Fernsehsender klagt den polnischen Ombudsmann Adam Bodnar auf 300.000 Euro Schadenersatz.


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Wien/Warschau. Es war ein Statement in seiner Funktion als Polens Beauftragter für Menschenrechte (Ombudsmann) auf einem Online-Portal, das dazu geführt hat, dass der staatliche, regierungsfreundliche Fernsehsender TVP (TV Poland) Adam Bodnar als Privatperson auf 300.000 Euro Schadenersatz geklagt hat. Eine internationale Unterstützungsmission unter anderem mit Österreichs Volksanwalt Günther Kräuter, der Generalsekretär des International Ombudsman Institutes (IOI) ist, reiste daraufhin vor kurzem nach Warschau, um Bodnar zu unterstützen.

Doch kurz zur Vorgeschichte: Der Danziger Bürgermeister Paweł Adamowicz wurde im Jänner dieses Jahres bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung auf offener Bühne niedergestochen und tödlich verletzt. Der staatliche Sender TVP hatte zuvor über längere Zeit negativ über den liberalen und oppositionellen Bürgermeister berichtet.

Untersuchung der Berichterstattung gefordert

Nun klagte der Sender eine Reihe von Kritikern, unter anderem Bodnar, der in seiner Funktion als Ombudsmann auch gefordert hatte, die Berichterstattung des Senders in Zusammenhang mit dem Vorfall zu untersuchen.

Die Klage gegen Bodnar ist laut Kräuter "völlig inakzeptabel, beschämend und eines staatlichen Fernsehsenders nicht würdig". Damit würden die Unabhängigkeit, die Integrität und der öffentliche Auftrag des polnischen "Commissioner for Human Rights" massiv angegriffen. Der demokratiepolitische Unterschied zwischen Österreich und Polen könnte größer nicht sein, so Kräuter weiter: "Während wir in Österreich als Volksanwaltschaft mit dem öffentlichen Rundfunk ORF die gemeinsame Sendung ,Bürgeranwalt‘ gestalten, klagt der staatliche polnische Sender TVP meinen renommierten Amtskollegen."

Die Ombudsstelle in Polen hat schon seit längerem mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Im Vorjahr hat das polnische Parlament die Mittel der Ombudsstelle gekürzt. "Das ist jedoch nur ein Teil des Problems in Polen", sagte dazu Bodnar zur "Wiener Zeitung". "Wir beobachten Tendenzen, die Prinzipien des Rechtsstaates auszuhebeln. 2016 wurde die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts beschnitten. 2017 beobachteten wir eine weitere Einschränkung der gerichtlichen Unabhängigkeit." Und weiter: "Ich muss in meinen Urteilen und Handlungen unabhängig bleiben. Ich kann mich daher nicht zu sehr damit auseinandersetzen, welche Konsequenzen meine Äußerungen auf das Budget der Einrichtung haben."

"Die Redefreiheit in Polen nimmt ab"

Menschenrechte schafften es in Polen grundsätzlich nicht in die Schlagzeilen - außer, es ereigne sich eine Tragödie. Gleichzeitig beobachte Bodnar, dass die Redefreiheit in seinem Land abnehme, sagt er, "weil die öffentlichen Medien nicht die Funktion erfüllen, die sie sollten".