Die Regierung setzt auf antideutsche und antieuropäische Ressentiments.
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Der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei PiS ("Recht und Gerechtigkeit"), Jaroslaw Kaczynski, attackierte am Samstag in einer langen Rede in Lignica seinen Lieblingsgegner (nach Russland): Deutschland strebe die Vorherrschaft in Europa an, warnte Kaczynski und wagte einen unpassenden historischen Vergleich: Die Deutschen wollten heute mit friedlichen Mitteln das erreichen, was sie sich einst mit militärischen Mitteln vorgenommen hätten. Damit stürze Deutschland Polen und ganz Europa erneut ins Unglück.
Vor den nächsten polnischen Parlamentswahlen im Herbst 2023 setzt die rechtskonservative Regierung auf antideutsche und antieuropäische Ressentiments. Erst im September legte Warschau neue Restitutionsforderungen an Berlin zu den Opfern und Schäden durch die NS-Besatzung im Zweiten Weltkrieg in Höhe von nicht weniger als 1,3 Billionen Euro vor.
Polens rechtsautoritäre Regierung versetzt sich in der EU zunehmend in Isolation. Es laufen EU-Strafverfahren wegen Gängelung der Justiz. Auch das "Weimarer Dreieck" - eine außenpolitische Kooperation Polens mit Deutschland und Frankreich - hat an Bedeutung verloren.
Dabei könnte Polen, mit knapp 40 Millionen Einwohnern das fünftgrößte Land der EU, deren Politik entscheidender als jetzt mitbestimmen. Doch dazu müsste die derzeitige Regierung den Konfrontationskurs aufgeben und Allianzen mit anderen EU-Ländern eingehen. Bisher funktioniert die Kooperation der Länder der Visegrad-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) nur mangelhaft.
Vor kurzem fand eine Konferenz der "Drei-Meere-Initiative" in Warschau statt, der zwölf EU-Staaten aus Mittel- und Osteuropa, darunter auch Österreich, und die Ukraine angehören. Bei der Gründung 2016 wurde schon über die Absicht des Zusammenschlusses vom Baltikum übers Schwarze Meer bis zur Adria gerätselt: War damit eine Alternative zur EU beabsichtigt, gerichtet gegen Deutschland und Russland - nach dem Vorbild des "Intermarium"-Projektes für ein Mitteleuropa ohne Deutschland, das Polens autoritärer Politiker Jozef Pilsudski in den 1930er Jahren verfolgt hatte?
Doch von polnischer Seite wurde betont, dass die Kooperation innerhalb der EU erfolgen solle.
Vielleicht war es eine Illusion der alten EU-Mitgliedsländer, dass sich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auch in den ehemals kommunistisch regierten Ländern von alleine festigen würden. Kaczynski wettert gern gegen die "kulturelle Aggression" des Westens und gegen Regelungen aus Brüssel, indem er die EU oft mit der Sowjetunion gleichsetzt. Die Vorteile Polens durch die EU-Mitgliedschaft, die sich durch hohes Wirtschaftswachstum und Modernisierung des gesamten Landes zeigen, bleiben dabei meist unerwähnt.
Umgekehrt gab es in den "alten EU-Staaten" zu wenig Interesse für Polens Geschichte und Kultur. "Die Kulturen und Zivilgesellschaften Mittel- und Osteuropas fehlen völlig im westeuropäischen Narrativ von der deutsch-französischen Aussöhnung und den Römischen Verträgen", stellte Basil Kerski, Chef des Solidarnosc-Zentrums in Gdansk (Danzig), fest. Und der ist sicher kein Kaczynski-Anhänger.