Bevor die vom Banker Thilo Sarrazin ausgelöste Debatte über integrationsunwillige und auffallend kriminelle Moslems von Deutschland auf Österreich überschwappen konnte, gab es noch die Wortmeldung von Katrin Göring-Eckardt, Jungtrieb der deutschen Grünen und immerhin Vizepräsidentin des Bundestags, das Vorbringen des Bankers sei "rassistisch". Eine kühne Entgegnung.
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Schon weil sich Menschen jeglicher Herkunft zum Islam bekennen, kann eine Kritik an "den Moslems" allenfalls sträflich verallgemeinernd, kaum aber rassistisch sein. Ein ziemlich frecher Versuch also, die Debatte zu kriminalisieren und solcherart abzuwürgen.
Damit dies misslingt, soll hier an unsere jüngste Geschichte erinnert werden, die im Eifer der Islam-Debatten bisher völlig untergegangen ist. Dass nämlich die Kirchen 1945 wie selbstverständlich da weitermachen wollten, wo sie Adolf Hitler dereinst verdrängt hatte. War es vor knapp 50 Jahren nicht gut möglich, dass der Besuch der Sonntagsmesse hinterfragt wurde und von der Antwort berufliches Fortkommen abhängen konnte? Hatte ein konfessionslos erzogenes Kind nicht weniger Zukunft? Nicht nur im einst "heiligen Land" Tirol, sondern auch in Niederösterreich, vor den Toren der Großstadt.
Ich erinnere mich da an 1966 und 1967. Als junge Reporter sind wir für eine "Stern"-Titelgeschichte ausgeschwärmt. Prominente Frauen und Ehefrauen Prominenter sollten sich durch das Bekenntnis "Auch ich habe abgetrieben" als Zugpferd vor den Karren der Staatssäkularisierung spannen (lassen). Eingestandener Schwangerschaftsabbruch also. Unter der Patronanz der Kirche damals hierzulande wie dortzulande strafbar mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren.
Den Medien ist es zu danken, dass in den darauf folgenden 20 Jahren die Macht der Kirche(n) auf ein moderates Maß reduziert und Toleranz gemehrt werden konnte. Sicher: Ohne das griffige Schlagwort vom Recht der Frau auf ihren Bauch hätte vieles länger gedauert. Aber auch ohne die Bereitschaft so herausragender Politiker wie Willy Brandt und Bruno Kreisky, die Gesetze zu adaptierten. Man darf gar nicht daran denken, wie hilflos dagegen ihre Nachfahren auftreten, wenn es zum Beispiel um etwas so Elementares geht wie um das Recht der Frau auf ihren Kopf - verhüllt oder unverhüllt.
Der verhüllte Kopf steht übrigens nicht im Widerspruch zum christlichen Abendland (man denke nur an Fotos von Großmüttern oder Straßenszenen aus der k.u.k.-Zeit), sondern zum Säkularstaat, so hart erkämpft wie die Freiheit selbst. Und obwohl gerade er den Mühseligen und Beladenen uneingeschränkte Göttervielfalt erlaubt, gefährden sie ihn unablässig.
Eine Poleposition im Kampf um die Vorherrschaft im Staat gehört aber keiner Religionsgemeinschaft - oder hat sich an diesem Credo etwas geändert?
Werner Stanzl ist Autor und Verlagslektor in Kärnten und war zuvor Journalist (u.a. in London und Hamburg).