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Polit-Zwist um Glanzstoff

Von Dieter Friedl

Wirtschaft

Nach Brand sollen Versicherungen 30 Mio. bezahlt haben. | Dass Hickhack um den Viskosegarnhersteller Glanzstoff geht weiter. Dass das von der Schließung bedrohte Werk in St. Pölten nach dem Brand im Jänner die Produktion wieder aufgenommen hat, sei nicht rechtens gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt ein Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Niederösterreich (UVS).


Die SPÖ Niederösterreich ortet darin den "endgültigen Todesstoß" für Glanzstoff und sieht die "Totengräber" bei der ÖVP. Der Vorwurf: Glanzstoff werde "auf Weisung des Landes Niederösterreich und unter Duldung von Landeshauptmann Erwin Pröll" zugesperrt. Die ÖVP wirft der roten Stadtführung "massive Verfahrensmängel vor".

Das Zusperren des Werkes war jedoch nach dem Brand im Jänner zu erwarten gewesen. Dieses Ereignis bot die einmalige Gelegenheit, einen jahrelangen Streit zu beenden. Schon seit Jahren wurde Glanzstoff mit Umweltauflagen bedacht, die technisch kaum möglich waren. Das Management versuchte zwar einen Teil der Auflagen zu erfüllen - in zwei Schritten wurden je rund 15 Mio. Euro investiert, um die Luft zu verbessern -, konnte das geforderte Endstadium jedoch nie erreichen. Die Luftqualität wurde zwar besser, doch der Gestank blieb.

Auch wenn jetzt alle Seiten ihr Bedauern ausdrücken - die Schließung des Chemieindustrie-Standortes inmitten der Stadt stellt vor allem zwei Seiten zufrieden: St. Pölten hat ein Geruchsproblem weniger. Und der deutsche Industrielle Cornelius Grupp kann mit rund 30 Mio. Euro von dannen ziehen. Grupp, der vor 14 Jahren das Werk von der heimischen Pleiteholding GBI kaufte, verfügt über eine Neuwertversicherung (bei den Versicherungen Generali, Gerling und Zürich) und war damit nach dem Brand gut abgesichert.

Er musste das Werk aber, um die Versicherungssumme zu erhalten, vorerst einmal weiterführen. Der Aufbau neuer Filteranlagen wäre aber kostspielig gewesen und hätte zumindest zwei Jahre gedauert.

Die Behörde gestattete zunächst die Weiterführung der Produktion in eingeschränktem Ausmaß, mit ungefähr 40-prozentiger Kapazitätsauslastung. Die schon bisher geforderten Umweltauflagen, die nach Angaben des Managements technisch nicht möglich wären, wurden bestätigt.

Glanzstoff wartete, bis endlich die Versicherungssumme floss (man spricht von etwa 30 Mio.), um dann sofort die Schließung per Jahresende bekannt zu geben. Wie das Management, aber auch die Versicherungen auf den UVS-Bescheid reagieren, bleibt vorerst unklar. Für eine Stellungnahme war am Dienstag niemand erreichbar.

Und dann gibt es noch das riesige Grundstück, das im Eigentum von Glanzstoff steht. Das Werksgelände befindet sich im verbauten Gebiet von St. Pölten und kann nach einer Sanierung verkauft werden. Auch das wird ein gutes Geschäft werden.

analyse@wienerzeitung.at