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Politik?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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"Wir müssen jetzt gegensteuern", sagte Finanzminister Spindelegger und meinte damit die um 0,2 auf 1,5 Prozent gesunkene Wirtschaftsprognose und deren mögliche Auswirkungen auf das Budget. Nun, in den ersten fünf Monaten hat die Republik um 1,4 Milliarden mehr Steuern eingenommen, als es 2013 bis Mai waren. 620 Millionen Euro plus entfielen auf die Lohnsteuer.

Was exakt der Finanzminister, der seine Kollegen nun zu den - ohnehin vorgesehenen - Controlling-Gesprächen empfängt, einsparen will, ist unbekannt. Dass sich ein in manchen Medien bereits spekuliertes "Budgetloch" auftut, ist momentan nicht ersichtlich. Die von der Regierung kommende Debatte ist aber geeignet, den ohnehin schwachen Privatkonsum weiter zu schwächen und das Wachstum noch stärker zu dämpfen. In Zeiten der Unsicherheit wird gespart, nicht konsumiert.

Dafür hat Österreich 40.000 Arbeitslose mehr als Ende Mai 2013, und die wären es wert gegenzusteuern. Von einer Job-Offensive ist aber weit und breit nichts zu sehen. Dass die Mai-Arbeitslosigkeit im klassischen Industrie-Bundesland Oberösterreich überdurchschnittlich gestiegen ist, sollte eigentlich beunruhigen. Die hohe Zahl jener Jugendlichen, die - trotz Ausbildung vorher - zur Lehrabschlussprüfung nicht antreten oder durchfallen, sollte noch stärker beunruhigen.

Dass statt der erhofften 8800 qualifizierten Arbeitskräfte nach drei Jahren nur 1600 mit der Rot-Weiß-Rot-Card zuwanderten, war wenigstens eine kleine politische Diskussion wert - beunruhigend bleibt es allemal.

Österreichs Wohlstand hängt derzeit allein an Kreativität und Geschick der Unter- und Arbeitnehmer dieses Landes. Die Politik verstrickt sich in In-Fights, die von Taktik, nicht aber von Strategie geprägt sind. Es gab im Jänner eine Regierungsklausur, daran kann sich heute selbst in der Regierung kaum jemand erinnern.

Politik hat auch die Aufgabe, Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Psychologie ist ebenso wichtig wie Sachthemen. Das Gefühl "anything goes" setzt aber eine positive Politik voraus. Wenn die ÖVP Kanzler Faymann bei der Steuerreform in die Suppe spuckt, weil der deswegen in der SPÖ Probleme kriegt, mag das in der ÖVP-Zentrale einige freuen. Hunderttausende Bürger aber nicht. Frei nach Sebastian Kurz geht es aber darum, als Minister einen guten Job zu machen, weil man ja vom Steuerbürger bezahlt wird.