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Politik der smarten Sprüche

Von Walter Hämmerle

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Nicht rechts, nicht links, sondern pragmatisch und richtig: So soll Politik sein, finden Kern und Kurz. Da kann wirklich niemand dagegen sein.


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Das präsumtive Kanzler-Duell Kern gegen Kurz ist schon so oft wortreich beschrieben worden, dass dazu eigentlich schon alles gesagt worden ist. So gesehen müsste es in allzu großer zeitlicher Nähe eigentlich gar nicht mehr stattfinden. Journalismus als Zukunftsersatz wird in seiner die Wirklichkeit ändernden Bedeutung ziemlich sicher unterschätzt, und Reinhold Mitterlehner würde es zweifellos freuen. (Der handfeste Beweis dafür sind übrigens die unzähligen, von den einschlägigen Medien atemlos aufgedeckten
Pläne zur Machtergreifung Jörg Haiders, die - weil eben aufgedeckt - dann aber doch nie stattgefunden haben.)

Aber zurück zum imaginierten Duell Kern gegen Kurz. Die beiden ähneln sich nicht nur in ihrem Talent für politische Inszenierung, sie verstehen es auch geschickt, die eigene Position dem ideologischen Bassenastreit zu entziehen und zum neuen, geradezu selbstverständlichen Standard zu erheben.

"Nicht links, sondern pragmatisch", findet deshalb Bundeskanzler Christian Kern seine eigenen Vorschläge. Und sein Konkurrent in spe, Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz stellt dem die Parole "nicht rechts, nicht links, sondern richtig" entgegen.

Offensichtlich halten sich beide politisch für größer als das traditionelle weltanschauliche Sammelbecken ihrer Parteien. Und tatsächlich müssen sowohl Kern wie Kurz auch eine Strahlkraft entwickeln, die jene der beiden erschöpften Altparteien weit überstrahlt, wollen sie im Spiel um die Macht nach den nächsten Nationalratswahlen die Primgeige spielen. "Der Partei verdanke ich alles, ohne die Partei bin nichts": Dieser legendäre Satz des allseits unterschätzten Fred Sinowatz vor dem SPÖ-Parteitag 1983 unmittelbar nach seiner Wahl zum Vorsitzenden ist für die meisten Parteien tatsächlich längst Geschichte. Nur die FPÖ, der es beharrlich gelingt, Sammelbecken aller Unzufriedenen zu sein, weist als Partei verlässlich bessere Werte als ihr Parteichef aus. Wobei das aktuell wohl auch für die Grünen zutreffen dürfte.

"Pragmatisch", "richtig" - fehlt eigentlich nur noch "gut", und der Slogan würde alle Anforderungen für ein x-beliebiges Marketingprodukt erfüllen. Geht leicht ins Ohr, hört sich an wie aus einem Guss, und ist ausreichend nichtssagend, damit sich im Grunde genommen fast jeder Bürger angesprochen fühlen kann. Ausgrenzung können sich nämlich, den weinerlichen Beschwerden eines Mitbewerbers zum Trotz, SPÖ und ÖVP schon lange nicht mehr leisten. Dazu müssten die Parteien über ein klares, unverwechselbares politisches und noch dazu für eine ausreichend große Wählergruppe attraktives Profil verfügen, was jedoch nicht der Fall ist. Also müssen die Spitzenkandidaten selbst - oder genauer: was sie vorgeben zu sein - die Projektionsfläche für die größtmögliche Wählerkoalition abgeben.

Und beide nutzen dafür gerne und ausgiebig den Platz, den ihnen deutsche Medien bereitwillig einräumen. Man wirkt eben gleich viel interessanter und wichtiger, wenn man Innenpolitik über die Bande im Ausland betreibt. Womit endlich auch der Beweis erbracht wäre, dass es in Europa nur noch Innenpolitik gibt. Halt manchmal über die Bande.