Die Machenschaften des slowenischen Geheimdienstes bringen auch Premier Jansa in Bedrängnis. | Wo jetzt Giuseppe Tartini steht, war einst der Hafen. Doch schon lange ist der ovale Platz im Zentrum Pirans aufgeschüttet und gepflastert. Venezianische Häuser säumen ihn, erinnern an die jahrhundertelange Vorherrschaft der Italiener in Istrien. Die Namen der engen Gassen, über denen die Wäsche trocknet, sind auf slowenisch und italienisch angeschrieben. Und mitten auf dem Platz steht ein in Bronze gegossener Geiger, der 1692 in Piran geborene Tartini. Er blickt nicht auf die schmucken Bürgerhäuser, nicht auf den sich hinter den Häuserreihen erhebenden Campanile, sondern aufs Meer, auf die Bucht von Piran. Heiß umfehdet war die schon lange, denn Istrien hat schon viele Herren gesehen: Griechen, Römer, Byzantiner, Slawen, Venezianer. Mittlerweile gehört die Gegend zwischen Triest und Pula zu drei Ländern: Italien, Slowenien und Kroatien. Und wo die Grenze zwischen ihnen verläuft, ist noch immer umstritten.
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Der Zwist um ein paar Dutzend Seemeilen währt so lange wie die Unabhängigkeit der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken. Während die Kroaten behaupten, die Grenze verlaufe in der Mitte der Bucht, meinen die Slowenen, die ganze Bucht gehöre ihnen. Diese halten es sowieso für absurd, dass Kroatien mit seinen 1200 Küstenkilometern Slowenien die knapp 50 Kilometer Seegrenze nicht gönnt. Für Laibach geht es um den Zugang zu internationalen Gewässern - und für beide Staaten um Fischereigründe.
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Der Streit nahm manchmal handfeste Formen an: Fischernetze wurden gekappt, Fremdenführer aus dem Nachbarland mit einem Einreiseverbot belegt. Dass die Vorfälle besonders in politisch brisanten Zeiten hochgespielt wurden, war da kein Zufall. Ein krasses Beispiel dafür liefern nun Berichte über die Ministerpräsidenten Kroatiens und Sloweniens. Ivo Sanader und Janez Jansa - die beide konservativen Parteien angehören - sollen gemeinsam Grenzzwischenfälle in der Bucht von Piran geplant haben. Damit wollte Sanader dem damaligen Oppositionsführer Jansa im Wahlkampf 2004 helfen, heißt es.
Dass sich Politiker gerne Unterstützung aus dem Ausland holen, ist ja an sich nicht ungewöhnlich. So warben im kroatischen Wahlkampf in einem Video neben dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auch CDU-Vorsitzende Angela Merkel für Sanaders HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft). Doch länderübergreifende Zwischenfälle zu inszenieren, ist eine andere Sache.
Premier Jansa schäumte: Er habe "noch nie solche üblen Beschuldigungen gehört". Entschieden stritt er ab, mit Sanader über die Zwischenfälle in der Bucht gesprochen oder sie gar vereinbart zu haben.
Doch Sloweniens Ex-Premier, Anton Rop, erklärte: "Ich kann das, was in den Medien steht, nicht verneinen." Vor den Wahlen 2004 hätte er Informationen bekommen, dass "ein Teil der slowenischen Politik" in die Grenzzwischenfälle verwickelt sein könnte.
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Die Affäre kam bei den Ermittlungen zum slowenischen Nachrichten- und Sicherheitsdienst (Sova) ans Tageslicht. Seit Wochen dominieren die Machenschaften des Geheimdienstes die öffentliche Debatte. Nach Angaben der Zeitung "Dnevnik" soll Sova Lauschangriffe im Inland durchgeführt und die Gespräche aufgezeichnet haben. Die Regierung soll mit einem vertraulichen Dekret Einsicht in die streng geheimen Datenbanken genommen haben.
Eine Arbeitsgruppe untersucht im Regierungsauftrag ebenfalls die Finanzen des Nachrichtendienstes, von denen nicht alle aus dem Budget stammen. Sie deutete an, dass der an Krebs erkrankte slowenische Präsident Janez Drnovsek mit Geld von Sova die Reise seines indischen Heilpraktikers bezahlt habe. Was Drnovsek prompt dazu veranlasste, von einer "Verleumdungskommission" zu sprechen.
Doch die Vorwürfe gegen den Präsidenten scheinen weniger ihn als den Premier zu belasten. In Umfragen bezeichnet mittlerweile jeder zweite Slowene die Arbeit der Mitte-Rechts-Regierung als "nicht erfolgreich".