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Politik, kein Trennungsgrund

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Den meisten Österreichern ist egal, wie der Partner politisch tickt - außer den Grünen.


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Wien. Geheiratet wurde aus politischen Gründen zur Genüge. Die Habsburger waren wahre Weltmeister darin - "tu felix austria nube" kommt nicht von ungefähr. Dass eine Beziehung aus politischen Gründen zerbricht, ist im heutigen Österreich allerdings eher unwahrscheinlich. Politik kann zwar für Diskussionen und mitunter auch heftigen Streit in einer Partnerschaft führen, ein Trennungsgrund ist sie aber nicht.

Im Auftrag des Online-Partnervermittlers Parship hat Christoph Hofinger vom Sora-Institut die politischen Einstellungen und das Wahlverhalten von Paaren erhoben. Das Ergebnis: Die Österreicher sind in politischen Fragen ihren Partnern gegenüber relativ tolerant - bis auf die Grünen. 58 Prozent der Befragten ist es demnach mehr oder weniger egal, wenn der Partner politisch anders denkt. Für Wahlforscher Hofinger ein Zeichen dafür, dass die "politische Polarisierung in Österreich nicht mehr so ausgeprägt" ist.

Grüner Missionseifer

Bei den Grün-Wählern sind allerdings nur 40 Prozent so gleichmütig, während es einer deutlichen Mehrheit wichtig ist, dass der Partner in politischen Fragen ähnlich denkt. "Den Grünen ist Wertekongruenz wichtig", sagt Hofinger. Entsprechend ausgeprägt ist bei den Grün-Wählern dann auch der politische Missionierungseifer: Weil ihnen in einer Beziehung die gemeinsame Wertebasis wichtig ist, versuchen fast 80 Prozent der Grün-Wähler, ihren Partner von ihrer politischen Meinung zu überzeugen. Bei den Durchschnittsösterreichern sind das nur knapp 60 Prozent, am wenigsten übrigens bei den FPÖ-Wählern. Laut der Umfrage lassen sich Frauen (21 Prozent) eher von ihrem Partner beeinflussen als Männer (14). Ein wesentlich größerer Einflussfaktor in Sachen Politik ist übrigens die Familie.

Frauen eher beeinflussbar

Bei den Singles sind Männer beeinflussbarer als Frauen. Caroline Erb, Psychologin bei Parship, erklärt dies einerseits mit traditionellen Rollenmustern, andererseits mit dem unterschiedlichen Interesse von Frauen und Männern an Politik. Während Frauen nur zu 45 Prozent angaben, an Politik interessiert zu sein, waren es bei den Männern zwei Drittel. "Weil es in der Politik nach wie vor mehr wichtige Männer gibt, ist die Identifikation der Männer mit Politik größer", sagt Erb.

73 Prozent der Österreicher stimmen politisch mit ihrem Partner zumindest in den meisten Fragen überein. 81 Prozent geben sogar an, meist die selbe Partei zu wählen (wobei ein Viertel nicht weiß, was der Partner wählt, bei Unter-30-Jährigen sogar 40 Prozent). Trotzdem sorgt Politik bei jedem vierten Pärchen für angeregte bis hitzige Diskussionen und in vier Prozent der Fälle sogar für Streit. Dabei zeigt sich, dass Partner mit Matura oder Hochschulabschluss öfter über Politik diskutieren (33 Prozent), dass dagegen bei Pflichtschulabsolventen überdurchschnittlich oft gestritten wird (7 Prozent).

Alter bestimmt Themen

Welche politischen Themen dabei wichtig sind, ist - wie die Umfrage zeigt - stark altersabhängig. So ist laut Umfrage für die 18- bis 29-Jährigen Bildung das politische Top-Thema, zwischen 30 und 39 Familie und Kinderbetreuung. Arbeitsmarkt als wichtigstes Thema der 40-Jährigen wird ab 50 von der Gesundheitspolitik verdrängt. Ab 60 interessieren dann vor allem die Parteien und Politiker an sich.

Welche Politikfelder am Mittagstisch debattiert werden, hängt aber auch stark von der jeweiligen Parteipräferenz ab. Während sich SPÖ-Wähler mit ihren Partnern überdurchschnittlich oft über Gesundheit und Arbeitsmarkt unterhalten, sind bei ÖVP-Wählern die Top-Themen Familie, Kinderbetreuung, Energiepolitik und Steuern. Die freiheitlichen Wähler unterhalten sich am liebsten über Kriminalität, Sicherheit, Asyl- und Fremdenpolitik, aber auch über Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit. Bei den Grün-Wählern wiederum dominieren die Themen Umweltschutz, Gleichberechtigung und Bildung. Hier ist wie auch bei den ÖVP-Wählern Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit kaum ein Thema.

Kultur des friedlichen Streits

Dass an der Politik nicht mehr Beziehungen zerbrechen, erklärt Hofinger mit einer "gewissen Entspanntheit" in der österreichischen politischen Diskussion - und mit einem historischen Lerneffekt: "Die Parteien haben aus den Erfahrungen der 20er und 30er Jahre gelernt, dass das Zulassen anderer politischer Meinungen wichtig ist." Es gebe zwar keinen Mangel an politischen Differenzen, aber es habe sich eine Kultur entwickelt, wie mit diesen Differenzen umgegangen wird. "Politik ist zwar ein wichtiges Thema, entzweit aber die wenigsten", so Hofinger.

Auch für Psychologin Erb ist "Politik kein Grund, sich zu trennen. Andere Werte sich wichtiger: Treue, Vertrauen, Ehrlichkeit."