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Politiker-Tickets: "Besser Finger weg!"

Von Christian Mayr

Politik

Ex-RH-Chef Fiedler warnt vor Polit-Schmarotzern. | Wien will alle Restkarten verlosen. | Wien. Es ist wahrlich ein glattes Parkett, auf das sich Politiker bei der EM begeben: Einerseits dürfen sie sich als Spitzenrepräsentanten (vor allem bei Siegen) im Blitzlichtgewitter sonnen; andererseits drohen ihnen von all jenen, die keine der begehrten Eintrittskarten ergattern konnten, neidvolle Blicke.


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Daher warnt nun Ex-Rechnungshof-Chef Franz Fiedler, der Leiter der Anti-Korruptionsbehörde "Transparency International" ist, die Politiker vor einer schiefen Optik in Sachen Euro: "Viele haben keine Karten bekommen. Wenn nun Politiker, die mit der Euro beruflich nichts zu tun haben, im Stadion sitzen, kann ihnen das den Ruf von Schmarotzern eintragen."

Keine Frage sei für ihn, dass hohe Staatsrepräsentanten bei Spielen anwesend sind und nichts für die Karten bezahlen - etwa der Wiener Bürgermeister. "Und die Sportstadträtin kann auch noch dabei sein. Aber für alle anderen gilt aus rein optischen Gründen: Finger weg!", so Fiedler. Oder die Politiker sollten zumindest selbst für die Eintrittskarten bezahlen.

90 Karten für Buchinger

Dasselbe gelte für Rathaus-Beamte: Nur wenn jemand tatsächlich mit der Organisation der Euro zu tun habe, dann solle er eine Karte annehmen - allerdings für ein entsprechendes Entgelt. "Wenn X-Beliebige im Stadion sitzen, schafft das böses Blut", meint Fiedler.

Die Republik Österreich und die einzelnen Austragungsstätten haben ein extra Karten-Kontingent. Der Bundesregierung stehen 388Protokollkarten (die meisten für die Österreich-Spiele) zur Verfügung; zusätzlich wurden bisher 646 Kaufkarten erworben. Während einige Minister die mit dem Ressortbudget zu bezahlenden Tickets ablehnten, fungierte Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) mit 90 georderten Karten als "Großeinkäufer".

Laut Buchinger-Büro würden diese als "Belohnung" für verdienstvolle Funktionäre außerhalb des Ressorts verwendet - etwa für Behinderten-Vertrauenspersonen großer Firmen. Aber auch einige Beamte stünden auf der Liste. Laut seiner Sprecherin sitzt Buchinger selbst auf Protokollkarten - bezahlt sie also nicht aus eigener Tasche.

Die Stadt Wien verfügt über 280 Protokoll- und 1400 Kaufkarten. Letztere werden laut Sportamts-Chefin Sandra Hofmann in Abstimmung mit der Uefa als VIP-Pakete an Unternehmen weiterverkauft - pro Stück von 1250 bis 12.000 Euro (Finale). Der Erlös fließe in die Wiener Sportförderung. Bleiben hier Karten übrig, dürfen alle Wiener noch einmal hoffen: "Dann werden sie über ein Gewinnspiel verlost. Noch gibt es welche", sagt Hofmann.

Geheimes Protokoll

Offenbar geheim ist, welche Stadtpolitiker gratis auf der VIP-Tribüne im Stadion sitzen werden: "Das wird nach dem Protokoll des Bürgermeisters vergeben", so Hofmann. Keine Reaktion gab es dazu aus dem Büro von Michael Häupl (SPÖ). Sicher nicht im VIP-Sektor sitzen werden Oppositions-Politiker - denn alle vier Rathaus-Klubs haben das Angebot von zwei Gratis-VIP-Karten abgelehnt. "Wir wären sofort in Verruf geraten", erklärt Grünen-Stadtrat David Ellensohn. Er hofft, dass nun auch alle anderen Stadträte mit privat erworbenen Karten ins Stadion gelangen.