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Politinserate schwierig wie Ortstafeln

Von Engelbert Washietl

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Wenn neue Minister antreten, muss die Medienethik warten. Landet das Transparenzgesetz für politischer Geldflüsse im Abstellraum?


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So wie wütende Deutsch-Kärntner 1972 gegen zweisprachige Ortstafeln losgegangen sind, so stößt der erste Gesetzentwurf des Bundeskanzleramtes zur Herstellung von mehr Transparenz für die politische Gängelung von Medien auf geballte Ablehnung. Die Begutachtungsfrist ist vorbei, aber das ehrgeizige, ursprünglich vom Verband österreichischer Zeitungen (VÖZ) initiierte Sauberkeitsprojekt droht auf der langen Bank zu verkümmern.

Dass Boulevardmedien wie "Kronen Zeitung", "Österreich" und "Heute" den VÖZ-Vorstoß für Redlichkeit im politischen Zahlungsverkehr nicht unterstützen würden, ist wenig überraschend. Die drei Blätter werden immer als Hauptempfänger von gut bezahlten Aufträgen für

Öffentlichkeitskampagnen staatlicher und staatsnaher Institutionen genannt. Es geht dabei um Summen, die sich im Jahresverlauf auf Millionen häufen, ohne dass außer den Gebern und Nehmern jemand durchschaut, was sich um wie viel Geld abspielt. Der eindeutig wettbewerbsverzerrende Faktor politischer Gunst war die Hauptursache der nachdrücklichen Forderung des Zeitungsverbandes, per Gesetzeskraft Durchblick zu erkämpfen.

Die im März gestartete und schon beendete Begutachtungsfrist hat jedoch deutlich gezeigt, dass der Hauptwiderstand von Seiten der Geldgeber kommt, was auch nicht verwunderlich ist.

Die besorgte Annahme des VÖZ war ja von vornherein die, dass Ministerien und staats- beziehungsweise gemeindeeigene Unternehmen das Geld, das sie ausgewählten Medien zuschießen, ja nicht beim Fenster hinauswerfen. Es könnte um gute Gegengeschäfte gehen, für die VÖZ-Präsident Hans Gasser das Motto formulierte: "Sie wünschen, wir schreiben." Den Eindruck, Zeitungen seien käuflich, möchte der Verband österreichischer Zeitungen deshalb mit Nachdruck bekämpfen. Soweit die gute Absicht.

Was aber unter Wettbewerbsverzerrung alles verstanden werden kann, ist in den zahlreichen Stellungnahmen zum geplanten Transparenzgesetz nachzulesen. Die Gemeinde Wien, die Telekom Austria, die Wien Energie GmbH, der Österreichische Städtebund, die Österreichischen Bundesbahnen sie alle fürchten plötzlich wie auf Kommando, von der Konkurrenz ausspioniert zu werden. Sollten sie gezwungen werden, ihre an Medien verteilten Werbeaufträge aufgeschlüsselt zu veröffentlichen, so könnten sich rivalisierende Unternehmen Einblick in Geschäftsgeheimnisse und somit Vorteile im Kampf um den Markt verschaffen. Mit anderen Worten gesagt: Transparenz sei wirtschaftsfeindlich und gefährlich. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll droht in seiner Stellungnahme mit der Menschenrechtskonvention des Europarates, die Eingriffe in das Familien- und Privatleben verbiete.

Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, die sich grundsätzlich zu dem Transparenzgesetz bekannt haben, stehen somit vor einer Mauer der Ablehnung. Diese ist zwar löchrig die Salzburger Landesregierung beispielsweise erhebt überhaupt keine Einwände , aber doch sehr massiv. Die ÖVP versichert, "am Thema dranzubleiben". Aber wenn nicht rasch nachgelegt und von der Regierung ein parlamentsreifer Entwurf verabschiedet wird, könnte aus dem Transparenzvorhaben eine mediale Ortstafelgeschichte werden. Sie hat, wie man seit vorgestern weiß, Jahrzehnte gebraucht, bis endlich ein Kompromiss zu Stande gekommen ist.

Der Autor ist Sprecher der

Initiative Qualität im Journalismus; zuvor Journalist für "Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".