Politikverdrossenheit hin, Desinteresse her: Von der Jugendlichen oft nachgesagten Ignoranz in Bezug auf Politik war gestern in der Vienna Business School HAK/HAS Augarten kaum etwas zu spüren. Vier Nationalratsabgeordnete stellten sich dort beim "Forum Augarten" den Fragen der SchülerInnen. Leicht hatten sie es dabei nicht immer.
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Eines war von vornherein klar: An Wahlversprechen glaubt grundsätzlich niemand. Und mit ausweichenden Antworten gaben sich die SchülerInnen auch kaum zufrieden. Am Anfang der Diskussion mit Gertrude Brinek (ÖVP), Gerhard Fallent (FPÖ), Evelin Lichtenberger (Grüne) und Josef Cap (SPÖ) stand die Präsentation einer Umfrage, die unter den SchülerInnen der dritten, vierten und fünften Jahrgänge durchgeführt wurde. Ein Ergebnis war, dass 55 Prozent der befragten Jugendlichen nicht an Wahlversprechen glauben; 45 Prozent meinten: "Es kommt darauf an." Für den grundsätzlichen Glauben blieb da nicht mehr viel.
Cap nutzte dies für eine spitze Bemerkung Richtung FPÖ, Fallent konterte mit einem Hinweis auf politische Kultur, von der er nicht zu weit abrücken wolle. So sehr die SchülerInnen auch Gefallen an den Attacken Caps gegen die FPÖ fanden, so richteten sie ihre Fragen primär an die Vertreter-Innen der Regierungsparteien.
Warum Studiengebühren bei überfüllten Hörsälen, wie wird in der "Spitzelaffäre" vorgegangen, wie ist es um Meinungsfreiheit bestellt, warum soll die Klassenschülerzahl angehoben werden? Ein ganzer Fragenkatalog, der sich aus der tagespolitischen Situation ergibt, prasselte auf die Politiker-Innen nieder.
Brinek beruhigte: Es sei nicht vorgesehen, die SchülerInnenzahl in den Klassen anzuheben. Die Studiengebühren werden niemanden davon abhalten müssen, zu studieren - dank Darlehen und der Ausweitung von Stipendien. Lichtenberger hackte ein: Darlehensmodelle können zu erheblichen Einschränkungen führen, vor allem am Beginn der beruflichen Laufbahn.
Fallent musste sich gleich auf zwei Fronten "verteidigen". Einerseits hatte er Caps Vorwürfe zurückzuweisen, andererseits den SchülerInnen Rede und Antwort zu stehen. Die von Josef Kleindienst ins Rollen gebrachte "Spitzelaffäre" werde untersucht, versicherte er. Auf die Frage, warum die FPÖ gegen einen Untersuchungsausschuss in dieser Sache sei, wenn sie sich in der Vergangenheit dieses Instruments oft bedient hat, meinte Fallent: Zuviele Ausschüsse lähmen die Arbeit des Nationalrats.
Politik-Begeisterung wecken
"Ich bin bemüht, die Schüler-Innen für Politik zu begeistern, ihnen zu zeigen, dass sie Teil der Demokratie sind", erklärt Annette Höfferl, die an der Schule Politische Bildung unterrichtet. Der Praxisbezug dürfe dabei nicht fehlen - daher die Idee zum "Forum Augarten". Den kritischen Fragen nach zu schließen, waren die Bemühungen nicht vergebens.