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Die aktuellen Entwicklungen bei der Mindestsicherung und der Streit innerhalb der Wiener SPÖ hängen stärker zusammen, als es den Anschein hat. Bei der Mindestsicherung haben Ober- und Niederösterreich eigentlich das einheitliche Staatsgebilde Republik Österreich verlassen. Unabhängig von den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Länder-Lösungen ist es die Aufforderung an Langzeit-Arbeitslose, die aus der AMS-Unterstützung herausgefallen sind, beide Bundesländer zu meiden. Und da es sich bei der Mindestsicherung nicht um eine Sozialversicherung handelt, sondern um eine Art "Sicherheitsnetz", um nicht in völlige Armut abzugleiten, haben auch Zuwanderer, die hierbleiben dürfen und noch keinen (oder einen schlecht bezahlten) Job vorweisen können, Anspruch darauf. Etliche werden versuchen, einen Meldezettel in Wien zu bekommen, da man dort nicht an eine Kürzung denkt.
Nun könnte Wien dagegenhalten und in Ober- und Niederösterreich Versicherte nicht mehr in Wiener Spitälern versorgen. Oder dekretieren, dass zugewanderte Ober- und Niederösterreicher erst nach fünf Jahren in Wien ein Anrecht auf Hilfsleistungen haben.
Die skurrilen Beispiele zeigen: Wenn Österreich so weitermacht, werden innerhalb der Republik Grenzen hochgezogen - ein unschöner Gedanke, höflich formuliert. Die in Wien regierende SPÖ befindet sich in einem Dilemma. Wenn sie jene Errungenschaften aufrecht erhält, die in der DNA der Sozialdemokratie fest verankert sind, zahlt Wien die Zeche anderer Bundesländer. Und die SPÖ bezahlt sie bei der nächster Wahl.
Wien hat - auch wenn sie im Stadtbild so gut wie unsichtbar sind - die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Auch da gab es in der Republik ein "Solidaritätsdefizit" - wie generell in der EU.
Nun sagen die einen in der Wiener SPÖ, dann müsse auch Wien restriktiver vorgehen. Die anderen wittern Verrat an den Idealen der Partei. Und da die Wiener Sozialdemokratie von ihrer früheren Stabilität nur träumen kann, kam es zum Streit, der ziemlich unmoderiert blieb.
Zur politischen Mindestsicherung einer Demokratie gehören aber Politiker, die das Gemeinsame stets über das Trennende stellen. Österreich ist ganz eindeutig zu klein, um in solche Schrebergärten zu zerfallen. Die ÖVP tat es, in Wien steht die SPÖ kurz davor. Wer glaubt, damit die FPÖ zu schwächen, sollte zum Arzt gehen.