Österreichs Spitzenpolitiker bei Verwendung von Twitter hinten nach.
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Wien. Barack Obama tut es, und zwar schon relativ lange. Erfolgreich ist er dabei obendrein. Mit Popstars wie Justin Bieber, Katy Perry oder Lady Gaga kann er es zwar nicht aufnehmen, aber immerhin: Mit mehr als 34 Millionen Followern im Kurznachrichtendienst Twitter ist der US-Präsident der meist-gefolgte Politiker weltweit und liegt im Gesamtranking auf Platz Vier. Das geht aus einer am gestrigen Mittwoch veröffentlichten Studie ("Twiplomacy") zur Twitter-Nutzung von Politikern hervor. Das PR-Unternehmen Burson-Marsteller analysierte dafür insgesamt 264 Twitter-Accounts von Staats- und Regierungschefs aus insgesamt 125 Ländern.
Twitter wird laut der Studie immer fixerer Bestandteil der Kommunikation von Politikern: So verfügen fast drei Viertel der führenden Politiker über einen Twitter-Account. Als einer der Ersten erkannte Barack Obama das Potenzial des sozialen Netzwerks: Seit 2007 twittert er politische Standpunkte, verweist auf Reden - oder wünscht einen guten "Hot Dog Day". Auf digitale Vernetzung mit anderen Politikern legt der US-Präsident eher wenig Wert: Obwohl fast ein Drittel aller politischen Führungskräfte ihm folgen, tut Obama dies nur in zwei Fällen - er folgt dem norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg und dessen russischen Amtskollegen, Dmitri Medvedev.
Die mögliche Interaktion zwischen den Twitter-Nutzern ist eines der Grundcharakteristika des Sozialen Netzwerks. Damit haben Bürger die Möglichkeit, Politiker direkt zu kontaktieren. Ob dieser antwortet, ist eine andere Frage. Die Annahme, dass mehr Follower auch zu mehr Interaktionen führen, sei jedoch oft nicht zutreffend, sagt Studienautor Matthias Lüfkens von Burson-Marsteller: "Es ist verwunderlich, dass Twitter-Accounts mit den meisten Followern oft am wenigsten Interaktion mit anderen Nutzern pflegen." So belege Papst Franziskus den zweiten Platz bei den politischen Spitzenrepräsentanten mit den meisten Followern, trete mit diesen aber nicht in Interaktion. "Twitter wird eben teilweise als Einbahn-Kommunikationsmittel verwendet, als einfaches Sprachrohr", sagt Lüfkens im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Immerhin: Zwei Drittel der twitternden Politiker weltweit sind in Kontakt mir ihren Followern. Musterbeispiel ist der schwedische Außenminister Carl Bildt, er gilt als am besten vernetzt, hat einen eigenen "Frag-Carl-Bildt"-Account und ist der interaktivste europäische Politiker auf Twitter. Im Schnitt antwortet der Schwede auf jeden zweiten Tweet.
Österreich: Twitter-Muffel
Österreichische Politiker findet man in der Studie erst nach längerem Hinsehen: Bundespräsident Heinz Fischer ist auf Twitter nicht vertreten, Bundeskanzler Werner Fayman besitzt zwar ein Twitter-Konto, verwendet diese aber nicht. Der Kanzler hat trotz Inaktivität immerhin 560 Follower. "Nur sehr wenige österreichische Politiker haben überhaupt einen Twitter-Account", stellte die österreichische Studie "Twitterpolitik" 2012 fest. Axel Maireder, Kommunikationswissenschafter und einer der Studienautoren, sieht aber durchaus erfolgreiche Beispiele: "Einige österreichische Politiker wie etwa Stefan Petzner sind hochaktiv und wissen, wie sie das Medium für sich nutzen", erklärt Maireder. Authentizität, Transparenz und Wortwitz komme gut an, weniger allerdings die "aufgesetzte" Twitter-Nutzung, etwa weil die Partei es verordnet hat. "Botschaften wie aus dem Parteiprogramm interessieren auf Twitter niemanden", sagt der Studienautor. Den Vorwurf, Politiker würden Twitter nur für das Polieren des eigenen Images verwenden, will Maireder so nicht unterstützen: "Sicher dient Twitter der Selbstdarstellung, Informationsaustausch und Interaktion finden aber statt."
Vorsicht, Privatsphäre
Im Jahr 2012 waren etwas mehr als 370 österreichische Politiker auf Twitter aktiv - in unterschiedlicher Intensität. Tun sich die Volksvertreter hierzulande schwer mit dem sozialen Medium, weil sie etwa Einschnitte in ihre Privatsphäre fürchten? Schließlich funktionieren auf Twitter vor allem private Botschaften gut: Bilder, die den US-Präsidenten mit Familie und Hund zeigen, schaffen mehr Reaktionen als ein Auszug aus einer von Obamas Reden. Das Foto des seine Frau umarmenden US-Präsidenten am Tag nach seiner Wiederwahl ist bis dato das beliebteste Bild auf Twitter - es wurde über 800.000 Mal retweetet. Laut der Twiplomacy-Studie twittern 76 Führungspersönlichkeiten persönlich. "Wer nichts von sich selbst preisgibt, der wird kaum Follower bekommen", sagt Maireder. Generell sollten sich alle Nutzer gut überlegen, was sie twittern oder lieber für sich behalten wollen.