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"Politisches Klima war nicht Ursache"

Von Alexander U. Mathé

Politik
Jens Hoffmann ist Leiter des Institut Psychologie & Bedrohungsmanagement in Darmstadt. Foto: Hoffmann

Psychologe im Interview über das Drama in Tucson. | "Wiener Zeitung": Das Drama von Tucson, war das ein politisches Attentat oder ein Amoklauf? | Jens Hoffmann: Es war ganz bestimmt kein politisches Attentat. Nach dem Terrorismus sind Einzeltäter derzeit die größte Bedrohung für westliche Politiker. Das sind meistens psychisch gestörte Einzelgänger, die eine Fixierung darauf haben, dass ihnen ein Unrecht zugestoßen ist.


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Oder sie glauben, es gibt eine Weltverschwörung. Die haben manchmal auch politische Ideen bereits aufgesaugt, sind aber nicht primär politisch motiviert.

Wie ist das im Fall des Attentäters von Tucson?

Wenn man sich die Blogs des Täters anschaut und die Einträge auf Youtube, dann spricht einiges dafür, dass er eine paranoide Störung, also vermutlich eine Art Wahnstörung hat. Wenn so jemand glaubt, dass Politiker die Welt oder ihn zerstören wollen, dann ist für ihn ein solches Attentat logisch. Beim Attentat auf Wolfgang Schäuble, als der deutscher Innenminister war, glaubte der Täter, dass die Regierung ihn mit Strahlen und Gedanken foltert. Der war sich sicher, dass er Kanzler oder Innenminister umbringen muss, damit das aufhört.

Glauben Sie, dass das aufgeheizte politische Klima zu dem Attentat geführt hat?

Es kann sein, dass diese Hasskampagne das befördert hat. Aber wenn, dann sind solche Sachen ein Brandbeschleuniger, aber nicht der Verursacher

In seinem Blog hat Loughner geschrieben: "Die Jagd ist mein bestimmender Gedanke." Wie würden Sie diesen Satz interpretieren?

Sowohl Attentate als auch Amokläufe sind durch diesen Jagdmodus der Gewalt, den wir alle in uns verankert haben, geprägt. Der geschieht kühl, planend und mit einem gewissen Vorlauf.

In seinen Interneteinträgen kann man nachlesen, dass der Attentäter sowohl das "Kommunistische Manifest" als auch "Mein Kampf" auf der Leseliste hatte. Was ist davon zu halten?

In solchen Fällen ist eine Affinität mit extremen Gedanken häufig, wobei die politische Ausrichtung nicht so wichtig ist. Dieses Radikale, die Idee, andere bekämpfen und vernichten zu müssen, ist, was von diesen Leuten als attraktiv wahrgenommen wird.