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Der US-Terrorabwehrchef hat den Einsatz von ferngesteuerten Flugzeugen gegen Terroristen bestätigt - und damit einen Wahlkampf-Weg geebnet.
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Eine der interessantesten Stellungnahmen anlässlich der Rückschau auf die Tötung Osama bin Ladens war die von US-Terrorabwehrchef John Brennan, der in aller Form erklärte, dass "die US-Regierung gezielte Angriffe gegen bestimmte Al-Kaida-Terroristen durchführt und dabei manchmal ferngesteuerte Flugzeuge einsetzt, die allgemein als Drohnen bezeichnet werden". Wir alle wussten das. Das Drohnenprogramm war tatsächlich sehr bekannt - vielleicht das schlechtestgehütete Geheimnis der Welt. Bis zu Brennans Rede am Montag war es offiziell jedoch nicht bestätigt.
Brennan sprach in seiner Stellungnahme einige lobenswerte Punkte an, aber auch einige rätselhafte. Das Beunruhigende für mich dabei ist, dass sie diesen Bereich der Sicherheitspolitik noch mehr politisiert und es somit für das Team von Präsident Barack Obama und auch ihn selbst leichter macht, den Drohnen-Krieg im Wahlkampf zu thematisieren. Da das Programm nicht länger geheim ist, können Obamas Leute nun so viel damit prahlen, wie sie wollen. Nicht nur, dass er den Angriff genehmigte, bei dem Bin Laden getötet wurde, können seine Wahlkampfberater nun sagen: Dank Obamas entschlossenem Drohneneinsatz "ist der Kern der Al-Kaida-Führung ein Schatten ihres früheren Selbst", wie es Brennan formuliert.
Bei genauerem Hinsehen bin ich in Brennans Rede auf mehrere verwirrende Aspekte gestoßen, die darauf hinweisen, dass mehr öffentliche Diskussion nötig ist. Ein schwieriges Thema ist der rechtliche Standard für diese gezielten Tötungen (oder, um einen weniger euphemistischen Begriff zu verwenden: die Morde).
Laut Brennan hat der US-Präsident als Oberkommandierender die umfassende verfassungsmäßige Autorität, gegen "jede imminente Angriffsgefahr" vorzugehen, und die spezielle Vollmacht des Kongresses, gegen jedes Al-Kaida-Mitglied Maßnahmen zu ergreifen, gemäß der "Authorization for Use of Military Force" aus dem Jahr 2001.
Was die Al-Kaida betreffe, "hinterfragen wir, ob die Person eine signifikante Bedrohung der US-Interessen darstellt", so Brennan. Wenn das Al-Kaida-Mitglied kein US-Bürger ist, wird die Richtlinie darauf eingeschränkt "ob die Person die imminente Gefahr eines gewalttätigen Angriffs darstellt". Kann sein, dass die Juristen der US-Regierung mit den rechtlichen und praktischen Unterschieden zwischen "imminent" und "signifikant" etwas anfangen können - ich kann es nicht.
Das Problem ist, dass die USA Standards für eine Welt setzen, in der bald dutzende Staaten Drohnen besitzen werden. Was wäre, wenn die Chinesen ihre Arbeiter im südlichen Sudan mit Drohnen gegen die Angriffe der Rebellen schützen? Was, wenn die Iraner Drohnen gegen die von ihnen als Terroristen eingeschätzten kurdischen Separatisten einsetzen? Und was, wenn Russland sie in Tschetschenien einsetzt? Welche Stellung würden die USA dazu beziehen? Wäre es nicht scheinheilig, gegen den Drohnen-Einsatz anderer Staaten zu sein, die sich imminenten und signifikanten Bedrohungen gegenübersehen?
Übersetzung: Redaktion
Originalfassung "Politicizing the drone debate"