Nach der ersten Regierungskrise müssen die Grünen ihre Rolle in der Regierung neu finden. Die ÖVP muss Entgegenkommen zeigen.
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Die türkis-grüne Bundesregierung hat mit dem Einlenken der Grünen beziehungsweise deren Ablenken auf die von Irmgard Griss geleitete "Kindeswohlkommission", mit der ausgelotet werden soll, inwieweit Kinderrechte in Asylverfahren besser berücksichtigt werden können, ihre erste Koalitionskrise überstanden.
Griss selbst, deren Kommission im grün-geführten Justizressort angesiedelt ist, war am Donnerstag in der "ZiB 2" zuversichtlich, die Informationen aus der Erst-Instanz, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, zu erhalten: "Davon gehe ich aus, weil das ist ja die Grundlage auch für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und das braucht man natürlich, um das beurteilen zu können."
Bei Asyl nichts zu gewinnen
Aber das Thema Flucht/Asyl wird nicht für die restliche Legislaturperiode, die immerhin noch vier Jahre dauert, ausgeblendet werden können. Politologen meinen auch, dass die Grünen damit nicht punkten können. "Die einzige Strategie für die Grünen wäre es, das Thema gar nicht aufkommen zu lassen. Denn für sie gibt es nichts zu gewinnen. Sie sollten versuchen mit anderen Themen wie Umwelt- und Klimaschutz zu punkten", sagt Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Dazu rät auch Politikberater Thomas Hofer im Gespräch mit der APA. "Die Grünen müssen auf anderen Spielfeldern etwas bringen, auf diesem Spielfeld gibt es nichts zu gewinnen."
Aber welche Handlungsspielräume hat ein Junior-Partner in der Regierung, könne dieser einfach über Zustimmungsverweigerung im Ministerrat Druck ausüben? Das sei kein Dauerrezept, sagt Filzmaier zur "Wiener Zeitung". Das würde nur zu wechselseitigen Blockaden und letztlich zum Bruch führen.
Der Politologe sieht dennoch Möglichkeiten, wie kleine Regierungsparteien Positionen durchsetzen können: Erstens durch Abtauschgeschäfte. Das sei zwar politisch unschön, aber effizient. Zweitens durch Leuchtturmprojekte. Das könne im Fall der Grünen eben ein günstiges Öffi-Ticket sein oder Ähnliches. Damit könne man bei der eigenen Klientel punkten. Drittens müsse auch für den Juniorpartner immer gelten, die gemeinsame Mehrheit zu sichern. Das habe zum Beispiel zwischen SPÖ und ÖVP nicht funktioniert - da habe keine Partei der anderen auch nur einen kleinen Vorteil gegönnt, was schließlich zu Lasten beider gegangen sei, konstatiert Filzmaier. "Es knirscht, wenn die gemeinsame Mehrheit wackelt."
Die ÖVP müsse nun eine Geste setzten, um den Koalitionspartner nicht zu sehr zu verprellen. Der Politikwissenschafter stellt auch die vermeintliche Einheit der "grünen Basis" infrage. Da müsse man genau hinsehen. "Eine solche gibt es nicht." Das Klischee von den linken Grün-Wählern sei falsch. Sehr oft handle es sich dabei um Bürgerlich-Liberale. Diese seien zwar gegen das Abschieben in diesem einen Fall, aber deshalb nicht für eine liberale Ausländerpolitik. "Die Annahme ,Grünwähler sind links‘ stimmt einfach nicht. Gerade bei Themen Flucht/Asyl werden oft Mitte-rechts-Positionen vertreten", sagt Filzmaier. Die Kritik an den Grünen, hier zu lax zu sein, komme außerdem häufig von Gruppen, die schon abseits der Partei stehen würden.