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Politschale ohne Kernwähler

Von Konrad Pannagger

Politik

Warum profitieren die Piraten nicht, wenn alle Welt über ihre Themen redet?


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Wien. Der Abhörskandal durch die amerikanische Sicherheitsbehörde NSA, die der Informant Edward Snowden aufgedeckt hat, bewegt die Weltöffentlichkeit. Themen wie Datenschutz, Privatsphäre oder Internetfreiheit haben Hochkonjunktur. Es sind die Kernthemen der Piraten. Doch trotz des Hypes um Snowden segelt die Partei hart an der Wahrnehmungsgrenze.

Dabei kann man ihnen mangelnde Aktivität rund um den NSA-Skandal gar nicht vorwerfen - vom Antrag auf Asyl für Snowden, gestellt noch am selben Tag als seine Identität bekannt wurde, über einen spontan organisierten Protest (Flashmob) vor der US-Botschaft, bis hin zu einem offenen Brief für die Einbürgerung Snowdens an Bundespräsident Heinz Fischer.

Das Alltags-Problem

Der Politologe Peter Filzmaier sieht im geringen Bewusstsein der Österreicher, was den Datenschutz anlangt, einen Grund dafür. Die Mehrheit der Bevölkerung mache sich keine Gedanken über solche Themen, meint er und erinnert dabei an die Einführung der E-Card, als sich kaum jemand konkret damit beschäftigt habe, was mit seinen Daten passiert. Den Piraten müsste es gelingen, die Leute aufzuklären und einen Alltagsbezug herzustellen. Was bedeute dieser Abhörskandal für jeden einzelnen Nutzer von SMS oder E-Mail? "Was heißt das für Max Mustermann?"

Das Kapitän-Problem

Am Montag präsentierten die Piraten ihre Kandidatenliste für die Herbstwahl und erneuerten ihr Wahlziel: den Einzug ins Parlament. "Ich bezweifle, dass sie überhaupt genug Unterschriften bekommen", meint dazu Meinungsforscher Peter Ulram. Um bei den Wahlen kandidieren zu dürfen, benötigt es 2600 Unterschriften.

Ulram sieht in der Art der Parteiführung ein Problem für die Piraten. Mit Mario Wieser gibt es zwar einen Spitzenkandidaten, der will aber gar keiner sein. Denn bei den Piraten versammelt man sich im sogenannten "LiquidFeedback" sozusagen zum virtuellen Stammtisch und entscheidet. Im Sinne der Demokratie seien solche basisdemokratischen Modelle zwar zu begrüßen, meint Ulram, "in der Praxis kann das aber nicht funktionieren, weil jede Partei eine klare Struktur und Organisation braucht - mit einer Führungsperson, die die Leute kennen und mit der sie sich identifizieren." Ulram dazu: "Nur Internetpräsent alleine ist aber zu wenig."

Das Nerds-Problem

Bleibt das Problem mit den Stammwählern, auf die eine Partei aufbauen muss. Der Politikwissenschafter Franz Fallend sieht in jungen Protestwählern die Kernwählerschicht der Piraten, die das Internet aktiv nutzen und sich in Netzforen engagieren. Diese Bevölkerungsschicht ist aber zu klein, um die nötigen Stimmen zu holen. "Die Nerds sind nur ein kleiner Teil der Bevölkerung", sagt Fallend. Doch wie können die Piraten, die seit 2006 nicht über Umfragen-Werte von zwei Prozent gekommen sind, höhere Wellen schlagen? "Wenn ich das wüsste, ich würde es umsetzen", sagt Lukas Daniel Klausner, Vorstandsmitglied der Piraten, etwas ratlos.

"Schmäh"-Präsentationen wie jene am Montag, bei der Snowden als Spitzenkandidat der Piraten präsentiert hätte werden sollen, dürften nicht gerade helfen. Im ernsten Teil der Pressekonferenz warnte Wieser vor europäischen Spähprogrammen, "Prism", "Tempora" oder der Vorratsdatenspeicherung. Doch auch das dürfte noch zu abstrakt sein, um für Herbst genügend Wähler an Bord zu holen.

Wissen

Sowohl die deutschen als auch die österreichischen Piraten gibt es seit 2006. Mit einem gravierenden Unterschied: In Deutschland sind sie in vier Landtagen mit 45 Mandaten vertreten und haben 201 Sitze in Städten und Gemeinden inne, darunter in Berlin. Sogar den Bürgermeister einer Kleingemeinde stellen sie. In Österreich haben sie es bisher nur in Graz und Innsbruck geschafft, politisch mitzubestimmen. Setzten Piraten zunächst nur auf Internetfreiheit, erheben sie nun auch sozialpolitische Forderungen wie das bedingungslose Grundeinkommen.