Die Anlaufstelle für Zeugen und Opfer von Rassismus, die "Anti-Rassismus-Hotline" der Organisation Helping Hands, hat gestern ihren Jahresbericht vorgelegt. Demnach ereignen sich die meisten | rassistischen Übergriffe in Behörden.
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Die Österreicher bezeichnen sich zu 75 Prozent als rassistisch (auf einer Skala von eins bis zehn). Die Alpenrepublik rangiert damit hinter Belgien und Frankreich (je rund 78 Prozent) am dritten
Platz in Europa. Der Durchschnitt in den EU-Ländern liegt laut einer "Eurobarometer"-Umfrage von 1997 bei 33 Prozent. Am tolerantesten sind Portugal und Luxemburg.
Rassismus äußerte sich in den von der Anti-Rassismus-Hotline dokumentierten 2.320 Fällen im vergangenen Jahr hauptsächlich in Form von Diskriminierungen (42 Prozent) etwa bei der Wohnungs- und
Arbeitssuche, durch Mobbing am Arbeitsplatz oder Zutrittsverweigerungen. 38 Prozent wurden beschimpft, 20 Prozent waren von physischer Gewalt betroffen. "Die Spitze der Übergriffe", so
Projektleiterin Johanna Landgrebe, gebe es zu 12 Prozent durch Exekutivbeamte und durch andere Behörden wie Arbeitsamt, Universität (vier Prozent). Auch handle es sich nicht nur um Einzeltäter,
sondern mit der bestehenden Struktur würden Serienübergriffe erleichtert, so Landgrebe.
Helping Hands fordert in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer unabhängigen Instanz, die das Fehlverhalten der Beamten überprüft. Derzeit werden diese von der eigenen Sicherheitspolizeidirektion
kontrolliert. Außerdem solle in Österreich, nach britischem Vorbild, ein Anti-Diskriminierungsgesetz für den privaten Bereich erlassen werden. Da es auch Beschwerden von eingebürgerten Österreichern
gibt, sei die Staatsbürgerschaft nicht "der Gipfel der Integration", meint Helping Hands. Hier sei Innenminister Karl Schlögl gefordert.
Das LIF bringt heute im Plenum einen Entschließungsantrag zu den Arbeitsbedingungen in der österreichischen Exekutive ein, kündigte Minderheitensprecher Volker Kier gegenüber der "Wiener Zeitung"
an. Die teilweise vorhandenen Vorurteile und die Gewaltbereitschaft in der österreichischen Exekutive sollen in einer Studie aufgezeigt und Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen werden. Man
beschäftige sich nicht mit dem Problem, was geschehe, seien nur "Deckungshandlungen", so Kier. Zur "Gefahrenvorbeugung" müßten die Polizisten auch psychologisch geschult werden.
Der Meinung ist auch die grüne Migrationssprecherin Terezija Stoisits. Lediglich die FPÖ wies den Trend zu Rassismus in der Exekutive zurück. "Eigentlich müßte die Exekutive das größte Interesse
daran haben, daß es keine rassistischen Übergriffe gibt", so Stoisits zur "Wiener Zeitung". Es sei Aufgabe der Politik, eine gesellschaftliche Sanktion auszusprechen · bevor es ein Anti-
Diskriminierungsgesetz gibt.
Die Hotline 01/17 600 17 ist zumindest bis Oktober eingerichtet. Finanzkräftige Organisationen sind zur weiteren Unterstützung aufgerufen.