Personalsituation wurde laut Polizeisprecher nie angepasst.
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Wien. Seit Tagen schon wird wild darüber spekuliert, wie viele Polizeidienststellen in Wien zugesperrt werden könnten - und vor allem, wo das der Fall sein könnte. Sogar von "Polizeisammelstellen" ist kurz die Rede gewesen - also Orte, wo sich Polizisten künftig mit ihren mobilen "Laptop-Büros" treffen können, um ihre Protokolle schreiben zu können.
"Ich kann Ihnen versichern, dass alle bisher genannten Zahlen reine Spekulation waren", erklärte Polizeisprecher Roman Hahslinger am Donnerstag in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Demnach würden noch etliche Gespräche zwischen dem Innenministerium, der Landespolizeidirektion Wien und der Stadt Wien bevorstehen, bei denen auch die einzelnen Bezirksvorsteher eingebunden werden sollen. "Das heißt, zum momentanen Zeitpunkt ist noch überhaupt nichts fix."
Bezirksvorsteher sollen eingebunden werden
Grundlage der Verhandlungen, die bis Ende Februar abgeschlossen sein sollen, wird laut Hahslinger ein "statistischer Raster" sein, in dem vom Innenministerium bereits erhoben wurde, wie hoch die Aktenbelastung in den einzelnen Dienststellen ist, wie viele Beamte dort jeweils im Einsatz sind und für wie viele Bürger sie in ihrem Einzugsgebiet zuständig sind. Demnach könnten in Wien zwar Dienststellen zusammengelegt, aber auch woanders welche neu errichtet werden. Derzeit gibt es in der Stadt 94 Polizeiinspektionen. Und bereits am Dienstag hatte ja Bürgermeister Michael Häupl betont, dass es keine Schließungen geben sollte, ohne ein Sicherheitskonzept für die Stadt zu haben.
Tatsächlich gibt es bis dato kein solches Konzept. Die Aufteilung der Dienststellen in der Stadt ist vielmehr historisch gewachsen. Seit mehr als 20 Jahren hat es hier kaum Veränderungen gegeben. "Die systematisierten Personalstände der einzelnen Polizeiinspektionen etwa sind teilweise schon sehr alt und wurden nie angepasst. Deswegen muss man hier auch nun eine Gesamtlösung finden", gibt der Polizeisprecher zu. Schließlich seien inzwischen ganze Stadtteile neu entstanden.
Kleinere Einzelreformen, wie etwa die Zusammenlegung der Stadtkommanden oder die Veränderung der Kriminaldienststellen, hätten wenig an der Gesamtstruktur verändert. "Aber natürlich ist das neue Konzept wieder ein Schritt, um schlussendlich mehr Außendienstpräsenz bei der Polizei zu erreichen. Denn wie oft braucht der Bürger heute noch eine Polizeistation? Früher hat man sich dort den Reisepass oder einen Strafregisterauszug abgeholt - heute gibt es das alles nicht mehr, so Hahslinger.
Demnach könnten sich jene Befürchtungen bewahrheiten, die der SPÖ-Polizeigewerkschafter Harald Segall am Donnerstag geäußert hatte: dass der bauliche Zustand im Sinne eines Spargedankens eine Rolle bei der Auflassung mancher Wachzimmer eine Rolle spielen könnte.
"Es gibt immer noch einige Polizeiinspektionen, die sehr alt sind und räumlich total eng. Dort sind auch die Kollegen weniger zufrieden, weil die Ausrüstung nicht passt", meinte Hahslinger. So müsse bei etwaigen Zusammenlegungen darauf geschaut werden, dass dort alle arbeiten können und auch genug Platz zur Verfügung haben. Nachsatz: "Aber natürlich muss es mit einer Verbesserung auf allen ebenen einhergehen."
"Aufteilung wichtiger als
Anzahl der Wachzimmer"
Genau das wünscht sich auch der Bürgermeister. "Wir sind eine Millionenstadt, wir sind eine Touristenstadt, wir sind Sitz von vielen internationalen Institutionen, wir sind eine der reichsten Regionen in der EU und haben ein paar hundert Kilometer weiter die ärmsten Regionen der EU. Deswegen brauchen wir auch ein Sicherheitskonzept mit genügend Polizisten für die Stadt. Und das umzusetzen ist Aufgabe der Innenministerin", erklärte Martin Ritzmaier, Häupls Sprecher.
Dabei spielt auch aus Sicht der Stadt die Anzahl der Wachzimmer keine Rolle, sondern vielmehr die bedarfsorientierte Aufteilung der Beamten in den verschiedenen Bezirken. "Die Anzahl der Dienststellen zu erhöhen ist nicht das primäre Ziel der Aktion - es geht darum, das subjektive und objektive Sicherheitsempfinden zu steigern", so der Sprecher. Auf der "objektiven Seite" seien die Eigentumsdelikte in den vergangenen Jahren stark angestiegen - darauf sollten laut dem Sprecher Antworten gefunden werden. Und auf der subjektiven Seite gebe es viele Bürger, sie sich in der Stadt nicht sicher fühlen würden. Aber ein paar gestohlene Fahrräder mehr seien kein Hinweis auf mangelnde Sicherheit. Immerhin zähle Wien noch immer zu den sichersten Städten der Welt, betonte der Sprecher.
Das alles sei aber nur mit genügend Polizisten zu bewältigen. Der Rechnungshof habe für Wien einen Mehrbedarf von 2300 zusätzlichen Exekutivbeamten festgestellt.
Häupl will gerne die
Wiener Polizei übernehmen
Zugesichert seien vom Innenministerium 1000 bis zum Jahr 2015. "Die Welt dreht sich weiter. Auf geänderte Sicherheitsrahmenbedingungen muss man auch neue Antworten finden - und das gibt es schlicht und einfach nicht. Deswegen wollen wir auch ein Sicherheitskonzept", so Ritzmaier.
Und Häupl selbst hat in den vergangenen Tagen ebenfalls keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Anliegens aufkommen lassen: "Die Innenministerin hat mir versichert, dass sie den Pakt einhalten will. Wenn sie es nicht macht, dann kann ich ihr nur eines anbieten: Wir übernehmen gerne die Wiener Polizei", erklärte der Stadtchef gegenüber zahlreichen Medien.