Nicht nur in Österreich, auch in anderen Staaten Europas wurden die Polizeistrukturen umgekrempelt - einerseits wegen des Sparzwangs, dem die öffentlichen Haushalte unterliegen, andererseits, weil die bestehenden Strukturen nicht effizient waren.
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In Österreich wird die Polizeireform im Dezember in Angriff genommen, bis Juni 2005 sollen die neuen Strukturen fertig sein. Als schwieriges Großprojekt gilt die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie. Der Widerstand der Betroffenen ist groß, auch wenn Kritik nur mehr hinter vorgehaltener Hand geübt wird. Denn jeder hat Angst im Out zu landen und mancher hofft insgeheim, doch noch eine gute Position zu ergattern.
Aber auch Belgien, Luxemburg, Ungarn, Baden-Württemberg und Zürich haben ihr Polizeiwesen auf neue Füße gestellt. In Belgien machte die Kinderschänder-Affäre und die Empörung der Bevölkerung über die verpatzten Ermittlungen eine Polizeireform notwendig, erklärt Daniel Colling, Vize-Direktor der Belgischen Bundespolizei. Aus drei Polizeikörpern wurde einer, dieser bleibt in zwei autonome Ebenen - föderale und lokale - gegliedert. Ziel war es laut Colling den schlechten Informationsfluss in Bewegung zu bringen. Auch nach der Reform gibt es rund 38.000 Mitarbeiter. Der größte Wermutstropfen waren die Kosten: Die Reform hatte den geplanten Rahmen gesprengt.
In Ungarn gibt es Polizei und Grenzwache. Erstere beschäftigt 39.000 Beamte, zweitere 12.000. Die Reform der Grenzwache ist laut Josef Magyar, Direktor der Mitteleuropäischen Polizeiakademie abgeschlossen. Sie sollte sicherstellen, dass die EU-Außengrenzen effizient kontrolliert werden. Das größte Problem sieht Magyar dabei, dass Kriminelle aus der Ukraine, Moldavien, aber auch Rumänien mit gefälschten Papieren die Grenzen passieren. Die Polizeireform ist noch in Gang. Sie soll mehr Bewaffnete auf die Straßen bringen. "Der Widerstand gegen die Reform war genauso groß wie jener in Österreich", erklärt Magyar.
Mit weniger Schwierigkeiten mussten die Luxemburger raufen. Victor Reuter, Sprecher der Großherzoglichen Polizei, gesteht ein, dass das neue "Konzept noch nicht in allen Köpfen ist", lobt aber die gute Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft. "Ohne die Personalvertreter wäre sie nie über die Bühne gegangen." Auch war die Reform aufgrund des öffentlichen Drucks unumgänglich. In den 80er Jahren rüttelte eine Serie von brutalen Banküberfällen Luxemburg aus seinem "Dornröschenschlaf", Abhilfe war gefordert. Die Luxemburger sind ihren Kollegen in anderen Staaten gegenüber im Vorteil. Die Finanzen sind seit 2000 um 37 Prozent gestiegen, bis 2009 wird das Personaldefizit beseitigt und 1.573 Polizisten angestellt sein.
In Baden-Württemberg startete die Reform im Jahr 2000. Es ging darum die Hierarchien abzuflachen sowie den Leitern vor Ort mehr Kompetenz und Verantwortung zu übertragen, erklärt Hartmut Grasmück, der leitende Kriminaldirektor im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Unser größtes Problem war, dass Chefs plötzlich zu Sachbearbeiter wurden. Das war furchtbar. Manche haben das Problem immer noch nicht verdaut." Seit 2004 wurde die Baden-Württembergische Polizei von der zweiten Reformwelle erfasst. Diesmal geht es um massive Einsparpläne: Von 5.000 Angestellten werden 1.000 ihren Arbeitsplatz verlieren, von den 25.000 Sicherheitsbeamten müssen 700 den Hut nehmen. Grasmück fürchtet, dass Sicherheit dabei auf der Strecke bleiben wird.