Die unabhängige Partei des Gastronomen will im Herbst die direkte Demokratie nach Wien bringen.
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Wien. "Es wird das erste Mal sein, dass man Weiß wählen kann und dabei was Vernünftiges wählt." Bei diesem Ausspruch handelt es sich um keine Kritik am Nichtwählertum. Weiß wird die Farbe einer neuen Partei sein, die bei der Wien-Wahl am 11. Oktober das politische Parkett betritt. Das Kürzel "WWW" wird nicht nur auf Webseiten, sondern auch auf dem Wahlzettel vertreten sein. Die Partei, deren voller Name "Wir wollen Wahlfreiheit" bedeutet, geht auf eine Initiative des Gastronomen Heinz Pollischansky zurück.
Pollischansky, dem die Stiegl-Ambulanz im alten AKH und die Centimeter-Lokale gehören, trat bereits in der Vergangenheit politisch in Aktion, als er offen gegen das Nichtrauchergesetz in Lokalen protestierte. Damals wurden an die 350.000 Stimmen für eine Änderung der Regelung gesammelt. Das Anliegen wurde jedoch nicht im Landtag vorgebracht. Für Pollischansky ist es Zeit zu handeln. "Mich haben auch sehr viele Leute dazu ermutigt, weil sie sich in der derzeitigen Politik schlecht aufgehoben gefühlt haben." Der Zuspruch, den er erfahren habe, war enorm, meint er.
Keine Raucherpartei
Pollischanskys Partei möchte aber keine Raucherpartei sein, auch wenn dies ursprünglich angekündigt wurde. Vielmehr trete sie für eine Einführung der direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild ein, jedoch nicht mit dem Zweck, gezielt das Nichtrauchergesetz zu kippen. "Der Kern der Sache ist, dass sich Leute zusammenfinden, weil sie meinen, dass ein Gesetz nicht in Ordnung ist, und ihre Stimme dafür abgeben", erklärt der Gastronom im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Wir wollen, dass der Staat ab einer bestimmten Menge an Stimmen eine zwingende Volksabstimmung durchführen muss."
Ziel sei es, die Politik nach Schweizer Modell "so zu steuern, dass der Bürger immer wieder das Recht hat, schneller als alle fünf Jahre in die Politik einzugreifen und seinen Willen kundzutun". Dabei gäbe es kein Ausschlusskriterium, welche Themen für eine Volksabstimmung zugelassen werden dürften, außerdem handle es sich bei "WWW" um keine Einmann-Partei. "Es werden auch sicher mehrere Volksabstimmungen kommen, für die ich persönlich nicht wäre, aber das ist nicht der Kern der Sache. Hier geht es nicht um den Herrn Pollischansky, sonder darum, dass die Bevölkerung das Recht hat, zu wählen", erklärt der Gastronom. Die Bevölkerung sei sehr daran interessiert, bei vielen Themen mitreden zu dürfen, werde aber bis jetzt unterjocht, ist er der Ansicht. Auch, dass man die direkte Demokratie für Bagatellthemen missbrauchen könnte, befürchtet er nicht. "Glauben Sie, dass sich bei so etwas dann halb Österreich dafür interessiert und wählen geht?" Team und Wahlprogramm der Liste sollen auf einer Pressekonferenz in den kommenden Tagen präsentiert werden.
Türöffner Stronach
Da sich Heinz Pollischansky recht kurzfristig für eine Kandidatur entschieden hatte, war das rechtzeitige Sammeln von genügend Unterschriften in der Bevölkerung nicht mehr möglich, auch wenn er hier "moralisch gesammelt" habe, wie er betonte. Das Tor zum Wahlantritt wurde ihm von Frank Stronach geöffnet, der von der Idee des Gastronomen überzeugt schien. Dementsprechend schnell kam Pollischansky an die nötige Rückendeckung von fünf Abgeordneten des Team Stronach. "Ich habe ein Fünf-Minuten-Telefonat mit Herrn Stronach geführt, in dem er mich auf eine Pressekonferenz eingeladen hat. Dort habe ich ihm in 15 Minuten - und länger war’s nicht, Sie hätten die Zeit stoppen können - kurz erklärt, worum es geht. Er hat das sehr demokratisch gefunden und gemeint, dass sie das unterstützen werden, indem seine Abgeordneten unterschreiben. Ich hab ihn danach auch nie wieder gesehen, wir haben uns die Unterschriften geholt und das war’s."
Wahlkampfbudget gleich null
Die Unterstützungserklärungen der Abgeordneten des Team Stronach sollen nicht die einzigen Unterschriften gewesen sein, die Pollischansky vom Austrokanadier erhalten haben soll. Medienberichte munkelten auch über eine Unterschrift auf einem Scheck. Gerüchte, die der Wirt sichtlich amüsiert zurückweist. Denn bekommen habe er "nicht einen Cent. Wir haben auch von nirgendwo anders Geld bekommen und ich würde es auch ablehnen, also braucht es niemand zu versuchen." Es befinden sich auch keine Leute von Team Stronach auf der Liste. Einziger Politiker ist der BZÖ-Landesparteiobmann Dietmar Schwingenschrot. Er hatte am Montag noch verkündet, dass seine Partei trotz vorliegender Unterstützungserklärungen in sieben Bezirken nicht zur Wahl antreten werde - zugunsten einer neuen, parteiunabhängigen Liste. Dass der Politiker auf eben dieser Liste stehe, habe laut Pollischansky nichts mit dem BZÖ an sich zu tun. Schwingenschrot kandidiere als Freund und Mitgastronom, nicht als BZÖ-Mann.
Financiers habe die Partei keine, auch Pollischansky selbst tritt nicht als Geldgeber in Aktion. "Wir leben nur von Freischaffenden und Freiwilligen. Wir werden auch die Partei sein, die das niedrigste Wahlkampfbudget der Geschichte haben wird - nämlich gar nichts, abgesehen von der Gebühr, die wir für die Wahlzettelabgabe entrichten mussten." Dem nicht vorhandenen Budget entsprechend gestaltet sich der Wahlkampf recht simpel. Abgesehen von Mund-zu-Mund-Propaganda werden die "Weißen" keinerlei Wahlwerbung betreiben. Auch die Stiegl-Ambulanz oder die einzelnen Centimeter-Lokale werden nicht zu "Wahllokalen", betont Pollischansky. "Das eine ist das Geschäft, von dem wir leben, das andere ist meine Überzeugung. Wir wollen hier auch nicht etwas für unsere Lokale bewegen, sondern für die Wiener Bevölkerung."
Nicht nur für Wien interessant
Trotzdem rechnet der Gastronom mit großer Unterstützung. Angesichts der knapp 350.000 Stimmen, die er bereits für den Protest gegen das Nichtrauchergesetz gesammelt habe, ist Pollischansky zuversichtlich, die Wiener auf seiner Seite zu haben. Festes Ziel sind fünf Prozent bei den Wahlen und damit der Einstieg in den Wiener Landtag, den das BZÖ beispielsweise 2010 nicht mehr geschafft hatte. "Ich glaube es haben viele Parteien nicht geschafft und andere schon. Aber wir sind wir, egal was vor uns war oder nach uns sein wird", gibt sich Gastronom Pollischansky kämpferisch. "Wir haben ein Thema, das wir durchbringen wollen und wir brauchen keine Wahlversprechungen machen, außer, wenn du uns wählst, wählst du dich selber." Auch sei "WWW" prinzipiell mit allen Parteien gesprächsbereit, die das Thema direkte Demokratie aufgreifen wollen. Auch gebe es einige Politiker, "die unsere Themen gut finden, aber sich das verständlicherweise nicht sagen trauen", ist Heinz Pollischansky überzeugt.
Sollte dieses hoch angesetzte Ziel doch scheitern, will Pollischansky trotzdem nicht aufgeben. Auch möchte er die direkte Demokratie nicht nur in Wien etablieren. "Wir haben von anderen Bundesländern schon gehört, dass sie sich intensiv dafür interessieren." Man sei bereits in Gesprächen. "Denn auch wenn es momentan ein Wiener Thema ist, glauben wir, dass direkte Demokratie für ganz Österreich spannend ist", sagt der Gastronom.