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Intimfeind Pontas, Staatschef Basescu, könnte Premierministeramt verwehren.
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Bukarest. In Rumänien stehen am Sonntag Parlamentswahlen an. Den Meinungsumfragen der letzten Wochen zufolge kann die Mitte-Links-Koalition unter Premier Victor Ponta zwar mit einem haushohen Wahlsieg rechnen, doch bleibt unklar, ob sie auch die heiß ersehnte absolute Mehrheit schaffen wird.
Laut jüngsten Erhebungen dürfte das Regierungsbündnis bestehend aus Sozialisten und Liberalen 48 bis 60 Prozent der Stimmen einfahren, die bürgerliche Opposition hingegen nur 15 bis 25 Prozent. Als Zünglein an der Waage gilt die "Volkspartei" des Populisten Dan Diaconescu, die auf ein zweistelliges Wahlergebnis und einen fulminanten Einzug ins Parlament hofft.
Nach der schweren innenpolitischen Krise vom Sommer erachten Politikbeobachter und Bürgerrechtler die anstehenden Allgemeinwahlen als ausschlaggebend für die europäische Zukunft des Landes. Auf Stimmenfang ging die Koalition nämlich ausschließlich mit nationalistischer Rhetorik und Dauerangriffen auf den bürgerlichen Staatschef Traian Basescu, sonstige Wahlkampfthemen - besonders wirtschafts- und finanzpolitische - wurden geflissentlich vermieden.
Zwar sind die Wahlen noch gar nicht gelaufen, doch feilt Ponta bereits an seiner neuen Regierung und deren Topprioritäten. So etwa soll das Verfassungsgericht per Verfassungsnovelle geschwächt werden: Das Parlament müsse künftig Urteile der Verfassungsinstanz mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit kippen können - das sei schließlich eine Verfassungsmehrheit, erklärte Ponta jüngst. Eine neue Ernennung des 40-jährigen Sozialisten, dessen Image infolge seiner Plagiatsaffäre und der putschartigen Vorstöße gegen den Staatschef schwer lädiert ist, will die Koalition zurzeit mehr oder minder erpressen: Entweder betraue das Staatsoberhaupt Ponta erneut mit der Regierungsbildung oder man leite sofort ein weiteres Amtsenthebungsverfahren gegen Basescu ein, so die Dauerdrohung der Koalition.
Präsident macht nur Pro-Europäer zum Premier
Letzterer meldete sich schließlich nach monatelangem Schweigen zu Wort: Er werde ausschließlich einen Politiker mit proeuropäischer Einstellung nominieren. Laut Artikel 103 der Verfassung Rumäniens obliegt dem Staatschef die Ernennung eines "Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten" nach "Konsultationen mit der Partei, die die absolute Mehrheit eingefahren hat" oder, sofern Letztere nicht gegeben ist, "mit allen Parlamentsparteien". Laut Grundgesetz ist der Präsident folglich nicht zur Ernennung des Parteichefs der Siegerpartei verpflichtet, auch muss er gar mit Koalitionen, sondern ausschließlich mit einzelnen Parteien verhandeln.
Nach Basescus Porträtskizze des künftigen Regierungschefs stellt sich nun die Frage, ob Ponta die erwähnten Voraussetzungen erfüllt. Dessen proeuropäische Rhetorik beschränkt sich nämlich auf das internationale Parkett, im Inland schlägt der Sozialist größtenteils populistisch-nationalistische Töne an. Von dem 11-Punkte-Programm, das ihm EU-Kommissionschef Barroso höchstpersönlich nach dem parlamentarischen Putsch vom Sommer aushändigte, blieben etliche bis dato unerfüllt.
Regierung ohne Ponta im Parlament chancenlos

Politikbeobachter gehen mehrheitlich davon aus, dass eine neue Regierung ohne Ponta an der Spitze im Parlament fürs Erste durchfällt. Laut Grundgesetz hat der Staatschef das Recht, "die Legislative binnen 60 Tagen nach mindestens zwei gescheiterten Regierungsbildungen aufzulösen". Ob die frischgebackenen Volksvertreter, die laut rumänischer Presse hunderttausende Euro berappen, um von ihrer Partei überhaupt aufgestellt zu werden, jedoch letztlich bereit sind, Ponta zuliebe auf ihr Mandat verzichten, wagen viele Analysten zu bezweifeln. Die Turbulenzen auf der rumänischen Politbühne dürften folglich 2013 in die Fortsetzung gehen.