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Rücksichtlos und im Eiltempo arbeitet Rumäniens sozialdemokratischer Premier Victor Ponta am Machtmonopol seiner Regierung. Vorläufiger Höhepunkt ist das Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsident Traian Basescu, über das am Freitag im Bukarester Parlament abgestimmt wird. "Schwere Verstöße" gegen die Verfassung, die ein solches Votum berechtigen, sind weit und breit nicht in Sicht - egal, solange es sich um den politischen Erzfeind des Premiers handelt.
Pontas Vorstöße seit seinem Amtsantritt vor zwei Monaten sind ein kalter Putsch, sie gehen an die Grundfesten der Gewaltentrennung. Das Ziel ist nicht nur die Demontage Basescus, sondern die Entmachtung des Präsidentenamts. So missachtete der Premier die Entscheidung des Verfassungsgerichts, wonach dem Präsidenten die Vertretung des Landes beim EU-Rat der Staats- und Regierungschef obliege. Ponta stieg nicht nur in den Flieger nach Brüssel, er drohte auch den Verfassungsrichtern mit Absetzung. Pontas Kabinett assistierte fleißig und schränkte die Befugnisse des Gerichts ein.
Nicht nur die Justiz soll gefügig gemacht werden. Das regierende Bündnis, die Sozialliberale Union aus Sozialdemokraten und Nationalliberalen, wählte die Vorsitzenden des Senats und des Abgeordnetenhauses ab und besetzte die Posten mit Parteigängern. Zudem wurden alle Konten des öffentlich-rechtlichen TV, wahrscheinlich im Auftrag der Regierung, von der Steueraufsicht gesperrt.
Dass Ponta auf 84 von 307 Seiten seiner juristischen Dissertation plagiierte und seinen Lebenslauf mit einem nicht absolvierten Masterstudium in Italien schönte, passt ins verheerende Bild. Ebenso die Ernennungen mehrerer Minister, die aufgrund mangelnder Kompetenz oder Unvereinbarkeit zurückgezogen werden mussten; darunter eine Bildungsministerin, die als Rektorin einer Privat-Uni - genannt "Diplomfabrik" - bekannt ist, in der Titel im Schnelldurchlauf vergeben werden.
Langsam erkennt die EU den Ernst der Lage. Mit Spannung wird der in zwei Wochen vorliegende Fortschrittsbericht der EU-Kommission zum Justizwesen in Rumänien erwartet. Der Internationale Währungsfonds und die Finanzmärkte reagieren bereits: Der IWF konstatiert "Fehler, die das Vertrauen der Investoren gefährden", die Währung Leu hat gegenüber dem Euro ein historisches Tief erreicht.
Das Gros der Rumänen verfolgt bisher gelassen die Umtriebe des Premiers. Doch an den Bürgern wird es liegen, Pontas Machtstreben einzudämmen: Sollte der Misstrauensantrag gegen den Präsidenten das Parlament passieren, entscheiden binnen 30 Tagen die Wähler in einem Referendum über seine Absetzung.