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Populisten als Unsicherheitsfaktor in tschechischer Mitte-Rechts-Koalition

Von Klaus Huhold

Analysen

In Tschechien fährt der Zug nach der Wahl in Richtung Mitte-Rechts-Regierung. Die Kräfte aus diesem Lager - die Bürgerlichen Demokraten (ODS), Top 09 von Karel Schwarzenberg und die Partei Öffentliche Angelegenheiten (VV) - haben schon ihren Willen bekundet, gemeinsam das Land regieren zu wollen. Zudem würde diese Koalition eine klare Mehrheit tragen, vereint sie doch 118 von 200 Mandaten auf sich. | Damit scheint sich in Tschechien auf den ersten Blick endlich wieder eine stabile Regierung zu bilden. Hatte sich doch nach der Wahl 2006 das Kabinett vom damaligen ODS-Premier Mirek Topolanek nur auf zwei Überläufer gestützt und war schließlich gestürzt.


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Auf den zweiten Blick stehen aber große Fragezeichen hinter der Stabilität einer derartigen Koalition. Denn mit Top 09 und VV sind zwei neu gegründete Parteien in der Regierung, die erstmals in einem Wahlkampf auftraten.

Top 09 gilt dabei als der wesentlich verlässlichere Partner. Der Vorsitzende und ehemalige Außenminister Schwarzenberg besitzt einen integren Ruf, und auch seine Mitstreiter haben Erfahrung in der Politik, viele waren etwa früher für die Christdemokraten aktiv. Auch das Programm ist klar: Top 09 will eisern sparen und ist damit durchaus auf Linie der ODS, die die stärkste Partei in der Koalition wäre.

Ganz anders verhält sich die Sache bei VV. Es ist eine Partei voller politischer Neulinge, die auf populistische Themen setzt, aber sonst wenig Konturen hat. Es ist nicht einmal ganz klar, wer eigentlich das Sagen in der Bewegung hat. Galionsfigur im Wahlkampf war der populäre TV-Journalist Radek John. Doch als wahren starken Mann vermuten viele Beobachter den reichen Geschäftsmann Vit Barta, der ebenfalls ins Parlament einzieht.

Im Wahlkampf setzte die Partei vor allem auf griffige Themen. Sie verkündete, die Korruption zu bekämpfen und mit den alteingesessenen Politikern aufzuräumen. Sonst machte sie mit populistischen Vorstößen auf sich aufmerksam: So wollte sie etwa mittels Bürgerpatrouillen Obdachlose kontrollieren.

All das macht VV zum Unsicherheitsfaktor: Wie verhält sich die Partei gegenüber den etablierten Politikern, die sie eigentlich bekämpfen wollte, und mit denen sie plötzlich koaliert? Trägt VV harte Sparprogramme mit oder fürchtet man dann doch um die eigene Wählerschaft? Stößt VV die Koalitionspartner mit populistischen Vorstößen vor den Kopf?

Der Prager Politologe Jiri Pehe bezeichnet jedenfalls eine Regierungsbeteiligung von VV als "höchst problematisch". Er hat gar Bedenken, ob eine derartige Mitte-Rechts-Koalition die gesamte Legislaturperiode überstehen würde.