Führende Sozialdemokraten und Sozialisten trafen sich in Berlin.
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Berlin. Die Sozialdemokratie hat schon bessere Zeiten erlebt. In der Parteizentrale der SPD in Berlin ist das auch nicht zu übersehen: Hinter jedem Redner, der hier im Atrium spricht, erhebt sich die überlebensgroße Bronzeskulptur des Friedensnobelpreisträgers und einstigen Bundeskanzlers Willy Brandt. Am Montag waren es gleich mehr als zwei Dutzend auf dem Podium und im Schatten Brandts. Aus der ganzen Welt sind insgesamt 80 führende Sozialdemokraten und Sozialisten nach Berlin gekommen, um als Teil des Zusammenschlusses "Progressive Allianz" darüber zu sprechen, wie die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität erreicht werden können.
Gleich am Anfang gab SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ein "Signal der Solidarität mit den Demokratinnen und Demokraten in der Türkei" und begrüßte die Vertreter der türkischen sozialdemokratischen Schwesterparteien "besonders herzlich". Schleichend werde in der Türkei die Demokratie demontiert, die Pressefreiheit offen attackiert und "Journalisten werden grundlos inhaftiert und zum Schweigen gebracht." Die Situation im Streit mit der Türkei bezeichnete Schulz als dramatisch. "Regiert euer Land, treibt nicht im Ausland eure eigenen Bürger auseinander", sagte er in Richtung Ankara.
Jedes Staatsoberhaupt oder Regierungsmitglied eines befreundeten Landes sei willkommen, wenn es in dieser Funktion komme, sagte Schulz. Wer jedoch als Außenminister oder Ministerpräsident empfangen werden wolle, "um anschließend aber nichts anderes zu tun, als parteipolitisch motivierte Propaganda zu betreiben, der kann nicht damit rechnen, dass das akzeptiert wird".
Der stellvertretende Parteivorsitzende der HDP, Hisyar Özsoy forderte, mit mehr Nachdruck und Schlagkraft auf Attacken auf politische Kontrahenten zu reagieren. Und: "Man muss den Leuten sagen, dass die rechten Populisten die Welt ins Chaos treiben. Dagegen muss man etwas machen." Und was? Für Michal Biran, Abgeordnete der Knesset, steht fest, dass Rechtspopulisten es schlicht besser schafften, ihre Nachricht an den Mann zu bringen. Man könne noch so gute Vorschläge und Lösungen für Probleme anbieten, am Ende verliere man als Sozialdemokraten die Wahl. Früher sei es gelungen, Menschen ins Boot zu holen. Heute habe man zudem die Basis verloren.
"Wir müssen Wahlen gewinnen"
Man müsse die schweigende Mehrheit mobilisieren im Kampf gegen Rechtspopulisten und gemeinsam für die Durchsetzung von Rechten eintreten, sagte Schulz. Die EU könne hier viel tun, "aber dafür müssen wir, die Sozialdemokraten, Wahlen gewinnen." Menschen und Regionen gegeneinander auszuspielen, helfe nicht. Als Beispiel nannte Schulz die Textilindustrie in Asien. "Klar, die sind wettbewerbsfähiger." Aber man müsse eben hierzulande, in Europa, ordentliche Arbeitsbedingungen, verbindliche Regeln einfordern.
Nicht wenige der Redner verwiesen in ihren Wortmeldungen auf Brandt und dessen Weggefährten Olof Palme und Bruno Kreisky - so auch Schulz: "Eine bessere Welt kommt nicht von alleine, sie muss erkämpft und erstritten und, einmal erworben, verteidigt werden."