Finanzminister beraten Weg unter Rettungsschirm. | Kommission will Hilfsantrag rasch behandeln. | Brüssel/Gödöllö. Der Weg Portugals unter den Euro-Rettungsschirm wird das Treffen der Finanzminister heute, Freitag, in Gödöllö bei Budapest bestimmen. Die EU-Kommission rechnete noch am Donnerstag jeden Moment mit dem Eintreffen der formellen Hilfsanfrage. Schon am Montag könnten die Experten von Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Lissabon zu Verhandlungen über ein strenges Spar- und Restrukturierungsprogramm eintreffen. Erst am Ende der vermutlich auf sieben bis zehn Tage anberaumten Gespräche würde ein Betrag feststehen, welchen das Notpaket für Portugal umfassen wird.
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Experten schätzen, dass zwischen 70 und 80 Milliarden Euro nötig sind. Der Luxemburger Premier und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker hatte 75 Milliarden erwähnt. Die renommierte portugiesische Wirtschaftszeitung "Diario Económico" kündigte unter Berufung auf Regierungskreise sogar einen Finanzbedarf von 90 Milliarden Euro an.
Der Zeitplan wird eng
Der Reihe nach: Seit Dezember schnellen die Refinanzierungskosten für Portugal beängstigend in die Höhe. Spätestens seit dem EU-Gipfel vor zwei Wochen haben die Ratingagenturen die Bonität für das iberische Land endgültig auf Talfahrt geschickt. Erschwert wird die Lage in Portugal, weil die Regierung über das vierte Sparpaket in zehn Monaten stolperte - Neuwahlen sind am 5. Juni.
Bis dahin muss das Hilfspaket aber auf Schiene sein, denn nur Tage später ist die zweite Tranche einer Neun-Milliarden-Euro-Refinanzierung fällig, welche das Land definitiv nicht mehr selbst stemmen kann. Im Idealfall müsste noch im April Geld fließen, hieß es. Daher übernimmt die Übergangsregierung unter dem bereits zurückgetretenen Premierminister Jose Socrates die Verhandlungen mit der Kommission. Der bisherige Oppositionsführer Pedro Coelho, der Socrates Sparpaket im März hatte platzen lassen, sagte jetzt seine Unterstützung zu.
In Brüssel gilt es nicht als Problem, dass Portugal keine reguläre Regierung hat. "Wenn wir eine Anfrage erhalten, werden wir sie rasch behandeln", sagte der Sprecher von Wirtschaftskommissar Olli Rehn. Auf die Portugiesen könnten jetzt härtere Einschnitte zukommen, als Coelho zuletzt abgelehnt hatte. Ein Übergangskredit ohne striktes Sparprogramm wurde mangels rechtlicher Grundlage ausgeschlossen.
Unter Schirm noch Platz
Somit können die Portugiesen nur auf die Rettungsschirme "European Financial Stability Facility" (EFSF) und "European Financial Stability Mechanism" (EFSM) sowie Kredite des IWF zurückgreifen. Die Euroschirme besorgen günstiges Geld am Finanzmarkt und stellen es schwankenden Euroländern mit Aufschlägen zur Verfügung. Am schnellsten flüssig sind laut Experten EFSM-Mittel: Anfangs waren 60 Milliarden Euro verfügbar, die fast sofort zu Bestkonditionen aufgestellt werden könnten, weil die EU als Ganzes haftet. Nominell 440 Milliarden umfasst der EFSF, für den die Euroländer haften. Weil nur 6 von 17 Staaten über eine Triple-A-Bonität verfügen, verlangen die Ratingagenturen eine hohe Überdeckung und einen Bargeldpuffer. Der tatsächlich verfügbare Betrag reduziert sich daher auf gut 250 Milliarden Euro.
Mit Portugal schlüpft nach Irland das zweite Land unter den Euro-Rettungsschirm. Für Irlands Notpaket über 85 Milliarden Euro wurden bisher 22,5 Milliarden aus dem EFSM und 17,7 Milliarden aus dem EFSF reserviert. Unter beiden Schirmen ist also noch viel Platz. Schon im März 2010 waren die Griechen mit 110 Milliarden aufgefangen worden - den Euroschirm gab es da noch nicht, deshalb erhielt das Land zwischenstaatliche Kredite der Euroländer.