Zinsen für Staatsanleihen schossen in die Höhe. | Premier Socrates: Reaktionen der Märkte "gefährden Land". | Europäische Union reagiert erleichtert. | Lissabon/Brüssel. "Wir werden bei der EU um Hilfe ansuchen", sagte Portugals Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos am Mittwoch Abend. Damit beendete er einen "schwarzen Mittwoch" für das südliche EU-Land. Portugal versuchte eine Milliarde Euro Staatsanleihen am Markt zu platzieren. Das gelang, aber nur mit sehr hohen Zins-Aufschlägen: Aus drei wurden mehr als fünf Prozent Aufschlag. "Das ist ein irreparabler Schaden", war schon tagsüber aus dem Finanzministerium zu hören. "Die Reaktion der Märkte gefährdet das Land und unsere Banken", begründete Premier Jose Socrates am Abend den offiziellen Hilferuf. | Mit Portugal zu dritt am Rettungstopf
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Portugal wird zwischen 75 und 85 Milliarden Euro aus dem Euro-Schirm benötigen, um eine Staatspleite zu vermeiden. Genau wird man es erst wissen, wenn klar ist, wie stark die Banken beschädigt sind. Österreich trägt die Last mit einem Anteil von 2,8 Prozent mit.
Portugal kämpft gegen ein Budgetdefizit von mehr als acht Prozent, und wollte das Defizit heuer auf 4,6 Prozent drücken. Mit harschen Maßnahmen: Die Mehrwertsteuer sollte von 21 auf 23 Prozent erhöht werden, die Löhne im öffentlichen Dienst um fünf Prozent gekürzt. Das Sparpaket platzte am Widerstand der konservativen Opposition im Parlament. Vor zwei Wochen gab der sozialdemokratische Premierminister Jose Socrates auf, und rief für den 5. Juni Neuwahlen aus. Das ärmste Land Europas hoffte, sich über die Wahlen retten zu können, Finanzanalysten gaben dem aber schon im Vorhinein wenig Chancen. "Vielleicht gelingt es im April, aber im Mai ist Schluss", sagte sinngemäß ein Analyst der französischen Großbank BNP Paribas vor Kurzem.
Verzweifelte Versuche
Nun ist schon im April Schluss. Portugal flüchtet unter den Euro-Schutzschirm, weil die Zinsen für die Staatsschuld (nominal über zehn Prozent) so hoch geworden sind, dass der Plan, das Budgetdefizit zu reduzieren, hinfällig geworden ist. Dabei hat Portugal alles verzweifelt versucht. Zuletzt sollte sogar der portugiesische Pensionsfonds, der knapp zehn Milliarden Euro schwer ist, Staatsanleihen kaufen. Dafür wurde sogar in Südamerika veranlagtes Vermögen verkauft. Es half alles nichts, die Finanzmärkte glaubten Portugal nicht mehr. "Nun wird also Portugal als drittes Land - nach Griechenland und Irland - unter den Euro-Schutzschirm flüchten. Damit gewinnt das Land Zeit, die Umfragen in Portugal sagen den Konservativen einen deutlichen Wahlsieg voraus.
Selbstschutz für EU
Die ersten Reaktionen aus der EU waren positiv, ja sogar erleichtert. "Genau dafür gibt es den Schutzschirm ja", war aus dem deutschen Finanzministerium zu hören. Portugal zu retten, ist für die EU reiner Selbstschutz: Die größten Gläubiger in Portugal sind die Spanier, vor allem die spanischen Banken. Und während die - auch vom Internationalen Währungsfonds getragene und mitfinanzierte - Hilfe für Portugal als finanzierbar erscheint, gilt dies für Spanien nur mehr eingeschränkt. "Wir werden alles versuchen, um die spanischen Banken, die etwa im Sparkassensektor ohnehin in großer Bedrängnis sind, zu schützen. Probleme im spanischen Finanzsektor wären schlecht zu handhaben, weil sie so groß sind. Wir reden hier von hohen dreistelligen Milliardenbeträgen", sagte ein Banker am Mittwoch Abend zur "Wiener Zeitung".
Im Euro-Kurs - so war zuletzt zu hören - die Rettung Portugals schon eingepreist. In der Tat bewegte sich der Euro nach Bekanntwerden des Hilferufs aus Lissabon nur gering, und hielt mit deutlich über 1,43 die Gewinne zum Dollar.
Ob Spanien damit aus der Schusslinie ist, wollen Finanzexperten nicht bestätigen. Die Wirtschaftsdaten im Land verschlechtern sich, auch deren Regierungschef Zapatero hat angekündigt, nicht mehr kandidieren zu wollen. Und die Sparkassen im Land stehen nach wie vor einer Kapital-Lücke, die nicht so einfach zu schließen ist.